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Steuerliche Behandlung von Co-Produktionen in der Bewegtbildbranche

Stellung­nahme vom 12. August 2022 der unter­zeich­nenden Verbände und Unter­nehmen an den Bundes­mi­nister der Finanzen. Gleich­lau­tende Schreiben gingen auch an die Finanz­mi­nis­te­rinnen und Finanz­mi­nister der Länder sowie an die Beauf­tragte der Bundes­re­gierung für Kultur und Medien.

 

Steuer­liche Behandlung von Co-Produk­tionen in der Bewegt­bild­branche

Sehr geehrter Herr Bundes­mi­nister,

die hier aufge­führten Unter­nehmen und Verbände wenden sich in einer dringenden, Ihnen mittler­weile hinrei­chend bekannten Angele­genheit an Sie: die ertrags­steu­er­liche Behandlung von Gemein­schafts­pro­duk­tionen, sog. Co-Produk­tionen, im Filmbe­reich.

In den letzten zwei Jahren haben sowohl auf der Ebene der Bundes- und Landes­fi­nanz­mi­nis­terien als auch in und mit den nachge­ord­neten Finanz­be­hörden umfang­reiche Erörte­rungen zu der Frage statt­ge­funden, ob und in welchen Fällen Produk­ti­ons­ge­mein­schaften zwischen mehreren Filmproduzent:innen als steuer­recht­liche Mitun­ter­neh­mer­schaften und damit auch als eigen­ständige Gewer­be­be­triebe (bzw. Steuer­sub­jekte) zu quali­fi­zieren sind. Da die Dramatik des Themas überall flächen­de­ckend erkannt ist, wurde dies auch von vielen hochran­gigen politi­schen Initia­tiven unter­stützt. Das artiku­lierte Ziel war hierbei, eine wirtschaftlich tragfähige Lösung durch die Steuer­ge­setz­gebung zu erwirken. Auch verstän­digte sich die aktuelle Bundes­re­gierung im Koali­ti­ons­vertrag darauf, eine rechts­ver­bind­liche Lösung des Themas zu finden.

Der Steuer­rechts­experte Professor Dr. Dr. h.c. Wolfgang Schön hat in dieser komplexen Frage im Jahr 2020 ein Gutachten erstellt und das Problem dabei wie folgt zusam­men­ge­fasst: Eine Quali­fi­kation von Co-Produk­tionen als eigen­ständige Mitun­ter­neh­mer­schaften hat eine Vielzahl steuerlich system­fremder Nachteile im Einkommen- und Gewer­be­steu­er­recht zur Folge, namentlich zur Verrechnung der Ergeb­nisse verlust­brin­gender Filmpro­jekte mit den Ergeb­nissen aus gewinn­träch­tigen Filmpro­jekten sowie – bei inter­na­tio­nalen Filmpro­duk­tionen – für die Feststellung inlän­di­scher oder auslän­di­scher Betriebs­stätten. Hinzu­kommen – ganz unabhängig von der effek­tiven Steuerlast – kaum zu bewäl­ti­gende, adminis­trative Verwal­tungs­auf­wen­dungen auf Unter­nehmens- wie Finanz­ver­wal­tungs­seite.

Wir begrüßen sehr, dass Bund und Länder im letzten Jahr verschiedene Lösungs­mög­lich­keiten der Proble­matik im Rahmen einer Arbeits­gruppe erarbeitet haben.

Dem Vernehmen nach soll Anfang September nun final darüber abgestimmt werden, ob eine oder mehrere der Lösungen für die Mehrheit der Länder einigungs­fähig sind, um die Proble­matik sowohl für die Vergan­genheit als auch für die Zukunft rechts­sicher und verbindlich zu lösen. Wir bitten dabei sehr um Ihre Mithilfe, eine abschlie­ßende Verstän­digung hierüber zu erreichen!

Den Branchen­be­tei­ligten, insbe­sondere den Filmproduzent:innen in Deutschland, ist dabei bewusst, dass die Wechsel­wirkung der Bestim­mungen deutscher, europäi­scher und inter­na­tio­naler Förder­re­gu­larien, sowie die wirtschaft­lichen Notwen­dig­keiten des Geschäfts­mo­dells „Filmpro­duktion“ mit einigen Regelungen des deutschen Steuer­rechts die Filmbranche vor große Heraus­for­de­rungen stellt. Dies liegt unter anderem daran, dass jede Filmpro­duktion ein Hochri­si­ko­ge­schäft darstellt, da der künst­le­rische und wirtschaft­liche Erfolg eines Films nicht vorher­sehbar ist. So muss im Filmpro­duk­ti­ons­ge­schäft einkal­ku­liert werden, dass nur eine Minderheit der produ­zierten Filme auch wirtschaftlich erfolg­reich ist mit der Folge, dass erfolg­reiche Filme die jeweils verblei­benden, verlust­reichen Filme wirtschaftlich ausgleichen müssen. Nur so kann das Geschäfts­modell Filmpro­duktion im Durch­schnitt wirtschaftlich rentabel sein.

Die Bewegt­bild­branche ist jederzeit bereit, an einer Lösung der oben genannten Wider­sprüche zwischen Förder­be­din­gungen, steuer­lichen und wirtschaft­lichen Fragen mitzu­wirken und hierfür an rechts­ver­bind­lichen Lösungen mitzu­ar­beiten. Wir sind auf eine Verstän­digung zur Lösung der Proble­matik seitens der Finanz­mi­nis­terien sowohl für die Vergan­genheit als auch für die Zukunft angewiesen.

Sollte die Thematik bei der Abstimmung keine Lösung erfahren, droht das „Aus“ von kultur­po­li­tisch gewollten Co-Produk­tionen und viele Produzent:innen würde dies in die Insolvenz treiben. Zudem könnte Deutschland als relevanter, wettbe­werbs­fä­higer Filmstandort erheb­lichen Schaden nehmen, dadurch dass inter­na­tionale Co-Produk­tionen mit deutschen Betei­li­gungen stark zurück­gehen. Schon heute vermeiden viele Produzent:innen Co-Produk­tionen einzu­gehen.

Die hier betei­ligten Verbände und Unter­nehmen stehen Ihnen jederzeit, auch kurzfristig, für ein Fachge­spräch zur Verfügung. Wir freuen uns auf unseren weiteren Austausch und danken für Ihre Aufmerk­samkeit für dieses drängende Problem.

Mit freund­lichen Grüßen,
Björn Böhning

CEO Allianz Deutscher Produ­zenten – Film und Fernsehen e.V.

sowie die weiteren Unterzeichner:innen (alpha­be­tisch)

All3Media Deutschland GmbH
Bavaria Film GmbH
Constantin Film AG
Degeto Film GmbH
Gebrueder Beetz Filmpro­duktion GmbH
Komplizen Film GmbH
LEONINE Studios
neue deutsche Filmge­sell­schaft mbH
One Two Films GmbH
Produ­zen­ten­verband e.V.
Razor Film Produktion GmbH
RTL Deutschland GmbH
Seven.One Enter­tainment Group GmbH
Sky Deutschland GmbH
Studio Hamburg GmbH
THE MATCH FACTORY GmbH
UFA GmbH
Verband Techni­scher Betriebe für Film und Fernsehen e.V.
VAUNET – Verband Privater Medien e. V.
Weydemann Bros. GmbH
ZDF Studios GmbH

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