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Alexander Thies: Partnerschaft mit Sendern nützt allen

Im Interview mit dem medien­po­li­ti­schen Magazin Promedia (September-Ausgabe) beschreibt der Vorsit­zende der Produ­zen­ten­al­lianz, Alexander Thies, was die Allianz bisher erreicht hat, was demnächst auf der Agenda steht – und vor allem, wie es mit dem Verhältnis Sender–Produzenten angesichts der Diskus­sionen um den 12. Rundfunk­än­de­rungs­staats­vertrag und der damit verbun­denen Fragen nach digitaler Verwertung weitergeht. Alexander Thies beschreibt, warum die digitale Verwertung für die Produ­zenten so bedeutend ist und verweist auf „Jahrzehnte der Zusam­men­arbeit“, in denen es viele Beispiele für Koope­ra­tionen zum gegen­sei­tigen Vorteil von Sendern und Produ­zenten gibt: „Deshalb bin ich optimis­tisch, dass wir auch für die digitale Verwertung solche Modelle finden werden

Wir bringen das Interview vorab im Wortlaut.

  • Produ­zenten-Allianz fordert von den TV-Veran­staltern Trennung von analogen und Online-Nutzungs­rechten
  • Produ­zenten bieten Sendern Partner­schafts­modell für die Verwertung der digitalen Rechte an
  • Online-Rechte sollen Eigen­ka­pi­tal­basis der Produ­zenten stärken und Entwick­lungs­kosten refinan­zieren

„‚Rechte’ sind das Öl der Verwertungsmaschinen des digitalen Zeitalters“

  • Interview mit Alexander Thies, Vorsit­zender der Allianz Deutscher Produ­zenten, Geschäfts­führer Neue Filmpro­duktion (NFP)

Die Proto­kol­lerklärung zu § 6 des 12. Rundfunk­än­de­rungs­staats­ver­trages war für die neuge­gründete Allianz Deutscher Produ­zenten ein wichtiger Etappensieg, der auch die durch die Verei­nigung entstandene Schlag­kraft wider­spiegelt. In der Proto­kol­lerklärung werden die öffentlich-recht­lichen Anstalten aufge­fordert, in ihren Selbst­ver­pflich­tungen Aussagen zu treffen, die „Film- und Fernseh­pro­duk­ti­ons­un­ter­nehmen ausge­wogene Vertrags­be­din­gungen und eine faire Aufteilung der Verwer­tungs­rechte gewähren“ sollen. Hierbei geht es vor allem um die digitalen Verwer­tungs­rechte.

Die Produ­zenten hatten mehrfach darauf hinge­wiesen, dass die Sieben-Tage-Frist bei der Einstellung von Programmen in die Media­theken, die keine ausschließ­lichen Eigen­pro­duk­tionen der Sender sind, proble­ma­tisch sei. Da die Sender darauf bestünden, dass die Abruf­rechte von ihnen automa­tisch mit erworben werden, führe das bei einer weiteren Verwertung der Beiträge durch die Produ­zenten, z.B. für Pay-TV oder DVD-Angebote, zu einer Abwertung der Nutzungs­rechte und zu unmit­tel­baren finan­zi­ellen Verlusten. Deshalb solle der Abruf von audio­vi­su­ellen Produk­tionen, die nicht als Eigen­pro­duktion herge­stellt werden, unzulässig sein.

Die ersten Gespräche zwischen ARD und ZDF fanden bereits statt, auch mit den privaten Sendern haben sie begonnen. Die Reaktionen der Sender auf die Forde­rungen der Produ­zenten fallen bisher eher reser­viert aus. Deshalb verweist der Vorsit­zende der Produ­zenten-Allianz Alexander Thies in einem promedia-Gespräch auf ein mögliches Partner­schafts­modell: „Es existieren aus den Jahrzehnten der Zusam­men­arbeit viele Beispiele für Koope­ra­tionen zum gegen­sei­tigen Vorteil von Sendern und Produ­zenten und deshalb bin ich optimis­tisch, dass wir auch für die digitale Verwertung solche Modelle finden werden. Die Voraus­setzung ist aber, dass die Sender bereit sind, mit uns über grund­legend neue Verwer­tungs­mo­delle zu sprechen. Und diesen Willen sehe ich“, so Thies.

promedia: Herr Thies, was konnte die Allianz in den ersten sechs Monaten bewegen?
Thies: Die Produ­zenten-Allianz wurde im Markt akzep­tiert und konnte wesent­liche Vorbe­halte in den eigenen Reihen ausräumen. Sie steht für die Verstärkung und Verein­fa­chung des konstruk­tiven Dialogs mit unseren Partnern. Sehr wesentlich für diese Akzeptanz in der Politik und in der Branche war die Fusion der Allianz Deutscher Produ­zenten mit der ARGE.

Unsere Dialog­fä­higkeit haben wir auch bei der FFG-Novel­lierung bewiesen, vor allem durch eine detail­lierte und fundierte gemeinsame Stellung­nahme, die wir mit der ARGE verfasst haben und die bei der Diskussion über die Novel­lierung des FFG in den nächsten Wochen eine wichtige Rolle spielen dürfte, da sie die Meinung der Mehrheit der deutschen Produ­zenten wider­spiegelt. In der Debatte um den 12. Rundfunk­än­de­rungs­staats­vertrag wurden wir als maßgeblich Betroffene zu den Anhörungen an den Tisch aller gewich­tigen Inter­es­sen­gruppen gebeten. Dabei ist es uns gelungen, mit der Proto­koll­notiz zum Paragraf 6 des 12. Rundfunk­än­de­rungs­staats­ver­trages eine ernst zu nehmende Position zu verankern. Erstmalig werden hier die Sender aufge­fordert, mit uns über die digitalen Verwer­tungs­rechte zu verhandeln. Die ersten Gespräche mit ARD und ZDF z.B. zu den Media­theken laufen bereits.

promedia: Wo liegen Ihre Schwer­punkte für die nächsten Monate?
Thies: Intern sicherlich in der Umsetzung der Fusion mit der ARGE, der Komplet­tierung unserer Organi­sation um den Haupt­ge­schäfts­führer und darin, unseren Mitgliedern den konkreten Nutzen für sie zeigen zu können. Dazu möchten wir möglichst bald zu grund­le­genden Verein­ba­rungen mit den öffentlich-recht­lichen Sendern zu den Media­theken und damit auch zu einer Umsetzung der Proto­koll­notiz des 12. Rundfunk­än­de­rungs­staats­ver­trages kommen. Bis zum Jahresende wird uns auch das novel­lierte FFG beschäf­tigen, denn es soll ja am 1. Januar 2009 in Kraft treten und nach Möglichkeit die finan­zielle Basis der Filmför­derung weiter verbessern und an die Erfor­der­nisse der digitalen Welt angepasst werden. 2009 läuft der Deutsche Film-Förder-Fonds aus. Unser Ziel ist es, eine Verlän­gerung um mindestens weitere drei Jahre zu erreichen. Bereits jetzt, sozusagen bei Halbzeit des laufenden Fonds, kann man eine mehr als positive Bilanz für die Filmwirt­schaft ziehen.

Der Schutz des geistigen Eigentums ist ein weiterer wesent­licher Schwer­punkt und nicht zuletzt stehen wichtige Tarif­ver­hand­lungen mit unseren Partner­ver­bänden an. Unser zentrales Anliegen besteht in der Verbes­serung der wirtschaft­lichen Bedin­gungen, unter denen die Produk­ti­ons­un­ter­nehmen in Deutschland arbeiten.

promedia: Die Allianz hat drei Sektionen. Wo liegen die gemein­samen Inter­essen?
Thies: In der Verbes­serung der Rahmen­be­din­gungen für alle Produ­zenten, das heißt in einer Verbes­serung der Markt­ordnung zugunsten der Produ­zenten, der Anerkennung des Werts der Produ­zen­ten­leistung und die Teilhabe an der aus unseren Produkten resul­tie­render Wertschöpfung. Dazu gehört vor allem das Verständnis, das der Wert unserer Produkte sich nicht allein nach den Herstel­lungs­kosten bemisst sondern an deren Wertschöpfung und dass die Verwer­tungs­rechte an unseren Produkten ureigenste Vermö­gens­werte der Produ­zenten darstellen.

promedia: Sie spielen damit an die laufende Diskussion mit den Sendern an. Wie ist gegen­wärtig das Verhältnis zwischen den Produ­zenten und den Sendern?
Thies: Das Verhältnis ist auf den Erfolg ihrer Produkte ausge­richtet. Beide, Sender und Produ­zenten, befinden sich in einer „Schick­sals­ge­mein­schaft“ im Ringen um das bestmög­liche programm­liche Angebot für den Zuschauer. Dabei sind die Sender die wichtigsten Nachfrager, Nutzer und Verwerter unserer Produkte im Auftrags-, Co-Produk­tions- und Lizenz­be­reich. Gleich­zeitig weiten sie ihr Aktivi­tätsfeld immer mehr in die Bereiche Herstellung und Verwertung aus, integrieren sich also vertikal, was natürlich auch die Produ­zenten vor neue Heraus­for­de­rungen stellt. Die Frage der Abgrenzung der Produktion zur Verwertung wird damit neu zu formu­lieren sein.

promedia: Wie sollte es sich zukünftig gestalten?
Thies: Der voraus­schauende Dialog um die bestmög­liche Bewäl­tigung der Heraus­for­de­rungen des Marktes in dem Verständnis, dass beide Seiten sich gleich brauchen, kann allein unser Ziel sein. Die Partner­schaft der analogen Jahrzehnte muss angepasst bzw. erneuert werden, keine Seite kann allein die Anfor­de­rungen der neuen digitalen Weltordnung schultern.

Die Märkte und deren Wertschöpfung müssen in der kommenden Zeit dabei genauso betrachtet werden wie die Konse­quenzen der verti­kalen Integration von Verwertern. Wir hoffen, dass sich das Verständnis stärker durch­setzt, dass die mit der Digita­li­sierung einher­ge­henden Verän­de­rungen Heraus­for­de­rungen darstellen, die man gemeinsam als Chance nutzen muss und kann. Es wird für die Sender nicht leichter, das Publikum zu erreichen, aber die gewachsene Par tnerschaft bietet die Möglichkeit, gemeinsam nach neuen Lösungen zu suchen. Die öffentlich-recht­lichen Sender sollten ihr großes Prä, eben diese langjährige Partner­schaft mit den Produ­zenten als Chance verstehen und entspre­chend nutzen.

promedia: Warum setzen sich die Produ­zenten mit dem 12. Rundfunk­än­de­rungs­staats­vertrag ausein­ander?
Thies: Weil die Produ­zenten in dem Dialog um die Konse­quenzen aus der digitalen Welt nicht früh genug präsent sein können, weil allein die recht­liche Diskussion die wirtschaft­lichen Auswir­kungen auf die Film-Märkte nicht berück­sichtigt und weil diese existen­tielle Konse­quenzen für uns mit sich bringen. Und natürlich, weil uns die Entwicklung unserer Sender­partner inter­es­siert, sie betrifft uns ja auch.

Der Staats­vertrag wird den Auftrag für die öffentlich-recht­lichen Sender in der digitalen Welt, vor allem im Internet definieren. Dazu wird eine zusätz­liche Verbreitung der bishe­rigen analogen Inhalte gehören. Die entschei­dende Frage ist deshalb für uns, wie wir an dieser Verbreitung parti­zi­pieren. Die Heraus­for­de­rungen der digitalen Welt machen eine Neuordnung der Funktionen aller Markt­teil­nehmer erfor­derlich, es geht nicht mehr in erster Linie um Sende­li­zenzen, sondern um den bestmög­lichen Zugang zu verwert­baren Rechten an Sendungen. Diese Bewäl­tigung dieser Heraus­for­derung darf aber nicht auf Kosten bereits bestehender Märkte und deren Poten­tiale gehen. Aber genau das sehen wir nach den bisher vorge­se­henen Regelungen. Wir brauchen mehr Markt, nicht weniger und unsere Entwick­lungs­mög­lich­keiten dürfen nicht beschnitten werden.

promedia: Wie ist die Rechte­ver­wertung für das Internet und die Media­theken heute vertraglich geregelt?
Thies: Es wird von den Verwertern fast durch­gängig eine Übertragung aller Rechte auch für eine digitale Nutzung erwartet – bisher ohne Gegen­leistung und das obwohl der Rundfunk­staats­vertrag noch nicht geltendes Recht ist. Diese Übertragung der Online-Rechte an die Sender trocknet einen gewach­senen Markt aus. Online-Rechte sind Video­rechte. Der Video­markt bereitet sich auf die Nachfolge der DVD auch mit Media­theken vor, auch zugunsten seiner Kunden. Wir wollen diese Nachfrage zur Amorti­sation unserer Inves­ti­tionen in Produk­tionen nutzen. Wie aber können wir über unsere Produkte in diesem Markt verhandeln, unsere Inves­ti­tionen darin zurück­ver­dienen, wenn wir über diese Rechte nicht mehr verfügen? Für Produ­zenten entsteht hier ein schäd­liches Szenario, und damit aber auch für den Markt für audio­vi­suelle Produkte in Deutschland und letztlich auch für die Sender, Zuschauer und Verbraucher.

promedia: Was fordern Sie genau?
Thies: Der 12. Rundfunk­än­de­rungs­staats­vertrag muss auch Sorge dafür tragen, dass die Spiel­regeln der digitalen Märkte für audio­vi­suelle Produkte die Inter­essen aller Markt­teil­nehmer berück­sich­tigen. Dazu gehört die Klärung der Frage, welche Verwer­tungs­rechte überhaupt bei den Sendern verbleiben können und welche Konse­quenzen ür die Kultur­wirt­schaft und die bereits bestehenden und sich gerade entwi­ckelnden Film- und Programm­märkte damit verbunden sind. Zur Verwertung in Media­theken dürfen die Online-Rechte für den Bereich Unter­haltung den Sendern nicht automa­tisch und ohne weiteres zugesprochen werden. Vielmehr muss das den Verhand­lungen der beiden Partner vorbe­halten bleiben, andern­falls führt das zu einer Wettbe­werbs­be­hin­derung der Produ­zenten, denn wir haben dann keine Verhand­lungs­macht mehr. Das gilt auch für Rechte, die von den Rundfunk­an­stalten nicht ausge­wertet werden dürfen. Wir brauchen auch weiterhin Entwick­lungs­mög­lich­keiten für unsere Leistung in unseren Märkten und eine Gleich­be­handlung mit – auch inter­na­tio­nalen – Wettbe­werbern.

promedia: Warum schadet die Mediathek dem Produ­zenten – sie verur­sacht doch keine Kosten?
Thies: Mit der kosten­losen Rechte­ein­räumung für die Media­theken werden die Produkte der Produ­zenten entwertet. Bei der Vergütung werden die Entwick­lungs­kosten für TV-Movies, Serien usw., die zu 100 Prozent der Produzent trägt, nicht berück­sichtigt. Diese Kosten lassen sich u.a. nur durch eine weitere Verwertung z.B. über DVDs refinan­zieren. Bisher waren die DVD-Hersteller bereit, den Produ­zenten eine Garan­tie­summe für den Vertrieb zu bezahlen. Mit dem kosten­losen Abrufen aus den Media­theken entfällt diese Garantie, das führt zu signi­fi­kanten Ertrags­aus­fällen bei den Produ­zenten. Auch bei einer weiteren Verwertung auf andere Platt­formen sind unter diesen Umständen nur geringere Einnahmen zu erzielen, wenn überhaupt. Gleich­zeitig erschließen sich aber die Sender neue Erlös­mög­lich­keiten.

promedia: Wo sehen Sie denn überhaupt Chancen, auch als kleiner oder mittel­stän­di­scher Produzent solche Rechte zu verwerten?
Thies: Wir sehen Chancen im inter­na­tio­nalen Rechte­ver­trieb, im deutschen Video-Markt, aber auch in Zusam­men­arbeit mit neuen Playern im Internet wie Telcos und Verlagen. Es besteht eine wachsende Nachfrage nach deutschen TV-Produk­tionen. Auch Community-Portale wie MySpace zeigen zunehmend Interesse an Serien. Hier entsteht ein neuer Zweit- oder Dritt­ver­fü­gungs­markt. So ist z.B. denkbar, dass die TV-Erstaus­strahlung zwar bei einem TV-Sender erfolgt, die Zweit­aus­strahlung aber z.B. auf einem Frauen­portal. Hier müssen wir freie Hand haben, selbst über die weitere Verwertung zu entscheiden. Früher hießen unsere Produkte „Produk­tionen“ heute sind es „Rechte“, sie sind das Öl der Verwer­tungs­ma­schinen des digitalen Zeitalters und ohne Öl laufen die Maschinen nicht mehr lange. Das war früher anders, weil es weniger Alter­na­tiven gab, da bestimmten die techni­schen Reich­weiten das Geschäft. Heute suchen alle Verwerter den Zugang zu inter­es­santen audio­vi­su­ellen Produkten.

promedia: Wie reagieren die Sender auf Ihre Vorstel­lungen?
Thies: Mit Gesprächs­be­reit­schaft. Nach mehreren Gesprächen, die wir in den letzten Wochen bereits mit ARD und ZDF geführt haben, habe ich den Eindruck gewonnen, dass sie sich der Auffor­derung aus der Politik, mit uns einen fairen Inter­es­sens­aus­gleich herzu­stellen, nicht verschließen werden. Sender und Produ­zenten sind und bleiben Partner bei der Herstellung eines attrak­tiven, auf die Inter­essen der Zuschauer ausge­rich­teten Programms. Daran ändern auch die verän­derten Verwer­tungs­be­din­gungen in der digitalen Welt nichts. Deshalb gehen wir davon aus, dass wir mit den Sendern einen Weg finden werden, der die digitalen Verwer­tungs­not­wen­dig­keiten für die Produ­zenten besser berück­sichtigt als bisher.

promedia: Man hat dennoch den Eindruck, dass die Sender diese Gespräche nur wider­willig führen. Ist das Abblocken nicht aus Sender­sicht verständlich?
Thies: Zum einen ja, denn die Rahmen­be­din­gungen haben sich auch für die Sender grund­legend verändert. So muss der öffentlich-recht­liche Rundfunk stärker als früher die Legiti­mität der Gebüh­ren­fi­nan­zierung vertei­digen und der private Rundfunk hat zunehmend Probleme mit der Werbe­fi­nan­zierung.

Zum anderen ist es nicht verständlich, denn eine Verwei­gerung der Sender, die Produ­zenten an einer digitalen Verwertung parti­zi­pieren zu lassen, käme einem Phyrrussieg gleich. Denn die Sender schwächen damit die Partner, die sie im Kampf um die Gunst des Publikums benötigen: die Produ­zenten.

promedia: Womit können und wollen Sie die Sender überzeugen, ihre Position zu verändern?
Thies: Die Stärke und der Erfolg der deutschen TV-Sender resul­tiert zum großen Teil aus der Stärke der deutschen Produk­ti­ons­wirt­schaft. Warum sollten sich die Sender die Basis für ihre Erfolge selbst zerstören? Wir setzen vor allem auf die Kraft der Einsicht, dass man nicht gegen die Markt­me­cha­nismen agieren kann, will man sich nicht selbst beschä­digen. Man darf ja nicht vergessen, dass die Finanz­kraft der Sender nicht größer wird und die Produ­zenten sich zunehmend finan­ziell und damit auch am Risiko der Produk­tionen betei­ligen. Dieser Trend wird sich noch verstärken. Es ist natürlich auch im Interesse der Sender, auch künftig hochwertige Produk­tionen zu sichern. Das funktio­niert aber nur, wenn die Produ­zenten auch über eine ausrei­chende Eigen­ka­pi­tal­basis verfügen, indem sie z.B. ihre Produkte selbst digital verwerten können. So schließt sich der Kreis.

Es existieren aus den Jahrzehnten der Zusam­men­arbeit viele Beispiele für Koope­ra­tionen zum gegen­sei­tigen Vorteil von Sendern und Produ­zenten und deshalb bin ich optimis­tisch, dass wir auch für die digitale Verwertung solche Modelle finden werden. Die Voraus­setzung ist aber, dass die Sender bereit sind, mit uns über grund­legend neue Verwer­tungs­mo­delle zu sprechen. Und diesen Willen sehe ich.

promedia: Der 12. Rundfunk­än­de­rungs­staats­vertrag hat die Sender zu Gesprächen zu den digitalen Rechten aufge­fordert. Reicht dieser Fingerzeig der Politik aus?
Thies: Wir haben die Hoffnung, dass der Hinweis ausreicht. Er ist zumindest ernst­ge­meint. Die Politik hat damit gezeigt, dass sie weiterhin ein Interesse an einem starken und quali­tativ hochwer­tigen öffentlich-recht­lichen Fernsehen und anderer­seits auch an einer starken Fernseh­wirt­schaft hat. Das ist verständlich, geht es doch auch um die Inves­ti­tionen der Länder in ihre Standorte und das waren ja bisher schon ganz erheb­liche Mittel, mit denen Studios und Produk­ti­ons­un­ter­nehmen gefördert worden sind. Es geht auch um Jobs und Steuer­ein­nahmen, und woher sollen die kommen, wenn nicht von den produ­zie­renden Unter­nehmen?

promedia: Angenommen, Sie kommen zu keiner Einigung mit den Sendern, welche Konse­quenzen hat das für die Film- und Fernseh­wirt­schaft in Deutschland?
Thies: Das wäre katastrophal. Für die Produ­zenten, für den öffentlich-recht­lichen Rundfunk, aber auch für den Kultur­standort Deutschland. Deshalb möchte ich die Frage, da wir ja von einer Einigung ausgehen, positiv beant­worten: Eine Einigung würde eine Stärkung der Produ­zenten-Eigen­ka­pital-Basis, eine verbes­serte Inves­ti­ti­ons­fä­higkeit und damit hochwertige Programme für die Sender bedeuten. Wenn Leistung sich wieder lohnt und Inves­ti­tionen wieder verzinsbar sind, dann haben alle etwas davon, vor allem die Zuschauer. (HH)

Aus: Promedia Nr. 9/2008, S. 48-50 – Wiedergabe mit freund­licher Geneh­migung des Promedia-Verlags