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Urheberrecht im Internet: Interview mit Oliver Castendyk und Johannes Kreile

Im Interview mit dem medien­po­li­ti­schen Magazin promedia (März-Ausgabe) sprechen Prof. Dr. Oliver Castendyk, Geschäfts­führer der Sektion Unter­haltung, und Prof. Dr. Johannes Kreile, Sekti­ons­ge­schäfts­führer Fernsehen der Produ­zen­ten­al­lianz, über die Novel­lierung des Urheber­rechts, die Durch­setzung von Urheber­rechten im Internet-Zeitalter und die Forderung an ARD und ZDF, beim Aufbau von Pay-On-Demand-Platt­formen beteiligt zu werden / Produ­zenten wollen im Rahmen der Korb-3-Diskussion zum Urheber­recht als Urheber anerkannt werden / Provider sollen für Content bezahlen, weil sie von den Inhalten im Netz profi­tieren

Der Beitrag im Wortlaut:

  • Produ­zenten wollen im Rahmen der Korb-3-Diskussion zum Urheber­recht als Urheber anerkannt werden
  • Provider sollen für Content bezahlen, weil sie von den Inhalten im Netz profi­tieren
  • Forderung an ARD und ZDF: Aufbau von Pay-On-Demand-Platt­formen und Betei­ligung der Produ­zenten

Novel­lierung des Urheber­rechts

„Es ist für Content-Inhaber unmöglich, eine Kultur-Flatrate zu akzeptieren“

  • Interview mit Prof. Dr. Oliver Castendyk, Geschäfts­führer der Sektion Unter­haltung, Prof. Dr. Johannes Kreile, Sekti­ons­ge­schäfts­führer Fernsehen der Produ­zen­ten­al­lianz

In der jetzt begin­nenden Debatte über den dritten Korb des Urheber­rechts sind für die deutschen Film- und TV-Produ­zenten zwei Aspekte von beson­derer Bedeutung:
1. Möchten sie endlich als Urheber anerkannt und damit mit den Regis­seuren und Drehbuch­au­toren gleich­ge­stellt werden.
2. Sollen ihre Rechte im Internet besser geschützt werden, auch durch eine Änderung des Telekom­mu­ni­ka­ti­ons­ge­setzes.
In einem promedia-Gespräch betonen die beiden Geschäfts­führer der Produ­zen­ten­al­lianz Prof. Dr. Oliver Castendyk und Prof. Dr. Johannes Kreile, „dass eine wirksame Bekämpfung der Piraterie im Internet voraus­setzt, dass die Service-Provider aktiv daran mitwirken, dass es zu keinen Rechts­ver­let­zungen kommt. Das franzö­sische Hadopi- Modell ist ein abgestuftes Modell, dass die Mitwirkung der Internet-Provider zwingend voraus­setzt, während das deutsche Modell – wie man aus Ankün­di­gungen im Koali­ti­ons­vertrag heraus­lesen kann – diese Mitwirkung gerade nicht berück­sichtigt.“ Damit trete eine Schutz­lücke ein, die hoffentlich im dritten Korb geschlossen werde.

promedia: Herr Castendyk, Herr Kreile, die Verleger fordern ein Leistungs­schutz­recht, die TV-Sender eine Betei­ligung an der Urheber­rechts­pau­schale. Sind Sie mit Ihrem Leistungs­schutz­recht unzufrieden?
Castendyk: Die Produ­zenten sind mit ihrem Leistungs­schutz­recht grund­sätzlich zufrieden. Unsere Probleme, die mit dem Dritten Korb der Urheber­rechts­no­velle gelöst werden könnten, machen sich nicht am Leistungs­schutz­recht der Produ­zenten fest.
Kreile: Die TV-Sender fordern eine Betei­ligung an der Urheber­rechts­pau­schale der Leerkas­setten- und Geräte­abgabe, verschweigen dabei aber, dass sie als Produ­zenten von Eigen­pro­duk­tionen und Betei­ligte bei Auftrags­pro­duk­tionen schon seit Langem an diesen Pauschalen parti­zi­pieren. Die Leerkas­set­tenund Geräte­abgabe machte in den vergan­genen Jahren für Eigen- und Anteils­pro­duk­tionen der Sender mehrere Millionen Euro aus.

promedia: Was möchten die Sender dann noch hinzu­ge­winnen?
Kreile: Die Sender wollen auch das Signal­schutz­recht des Sende­un­ter­nehmens nach § 87 UrhG zusätzlich abgegolten haben. Der Kuchen bliebe jedoch gleich groß und würde nur anders verteilt, was den Hinter­grund der Forderung durch die Sender darstellt.
Castendyk: Die Frage dabei ist, ob das Signal­recht tatsächlich einen eigenen Aufwand der Sender schützt und ob diese Leistung der Sender zu vergleichen ist mit der Leistung des Produ­zenten. Diese Frage kann nur politisch beant­wortet werden.

promedia: Wenn die Sender ihre Forderung durch­setzen, geht es zu Ihren Lasten?
Kreile: Zu Lasten aller: der Künstler, der Urheber und der Produ­zenten.

promedia: Könnte man nicht die Abgaben­pau­schalen auf die Geräte erhöhen?
Kreile: Die Pauschalen können nicht erhöht werden. Der Gesetz­geber hat im vergan­genen Jahr die gesetzlich normierte Vergütung abgeschafft und im zweiten Korb die Höhe der Vergütung in die Hände der Verwer­tungs­ge­sell­schaften gelegt, die nunmehr mit den Nutzern, bzw. den abgabe­pflich­tigen Unter­nehmen eine Verein­barung treffen müssen, die dann von der Schieds­stelle überprüft werden. Der Kuchen wird deswegen nicht größer. Die entspre­chende Industrie muss einen bestimmten, gerichtlich zu überprü­fenden Teil bezahlen und die Summe, die dabei heraus­kommt, wird unter allen Rechte­inhabern verteilt. Eine Vergütung des Signal­rechts würde dann die Anteile reduzieren.

promedia: Ihr Leistungs­schutz­recht ist in §94 UrhG geregelt. Entspricht die dortige Regelung noch den Anfor­de­rungen des digitalen Zeitalters?
Kreile: Grund­sätzlich ja. Der §94 gewährt dem Produ­zenten ein eigenes Leistungs­schutz­recht und damit ein Verbots­recht. Im Rahmen dieses Verbots­rechts ist der Produzent in der Lage, die Verwer­tungs­stufen auch im Internet ausrei­chend zu steuern. Eine ganz andere Frage ist natürlich, ob es ausrei­chend ist, dass der Produzent nur über ein Leistungs­schutz­recht verfügt, oder ob ihm gegebe­nen­falls ein Urheber­recht zustehen sollte.
Der Produzent erbringt nicht nur eine wirtschaftlich- organi­sa­to­rische Leistung, sondern auch in seiner Person eine kreative Leistung, die bisher nicht geschützt wird.

promedia: Worin liegt dabei der Vorteil für den Produ­zenten?
Kreile: Der Vorteil läge darin, dass die kreative Leistung des Produ­zenten auch anerkannt würde, sowohl in einer ideellen, aber auch in einer finan­zi­ellen Form. Es geht dabei nicht darum von den Fernseh­sendern mehr Geld zu bekommen, sondern den Produ­zenten als Kreativen auf die gleiche Stufe mit einem Drehbuch­autor und Regisseur zu stellen. Am bestehenden Leistungs­schutz­recht würde sich dadurch nichts ändern.

promedia: Diese Forderung ist nicht neu und ist von der bishe­rigen Justiz­mi­nis­terin abgelehnt worden. Sehen Sie heute mehr Chancen, diese Forderung durch­zu­setzen?
Kreile: Wir brauchen in Deutschland eine grund­sätz­liche Diskussion darüber, worin die Aufgabe und die Leistung eines Produ­zenten bestehen. Wenn diese Diskussion offen geführt wird, kann ich mir sehr wohl vorstellen, dass man das Bundes­jus­tiz­mi­nis­terium davon überzeugen kann, dass der Produzent nicht nur eine wirtschaftlich-organi­sa­to­rische Leistung vollbringt.

promedia: Ist Ihr Recht, die Verwertung auch im Internet zu steuern, angesichts der techni­schen Möglich­keiten nicht nur ein sehr theore­ti­sches Recht?
Kreile: Das Recht existiert nie theore­tisch, sondern immer praktisch. Mit der Frage aber, ob es wirksam ausgeübt wird, begeben wir uns in die Diskussion zum Thema Piraterie. Damit muss man fragen, ob die gegen­wär­tigen recht­lichen Regelungen zum Beispiel des Telekom­mu­ni­ka­ti­ons­rechts noch den Anfor­de­rungen genügen und wie wirksam sie sind. Hier sind meiner Meinung nach dringend Änderungen erfor­derlich. Es ist aber keine Frage des Leistungs­schutz­rechts des Produ­zenten.
Castendyk: Piraterie ist ein sehr vielschich­tiges Problem. Um hier Erfolge zu erzielen, muss nicht nur das Rechts­be­wusstsein der Bevöl­kerung, insbe­sondere der jüngeren Bevöl­kerung, verbessert, sondern auch eine prakti­kable Rechts­durch­setzung erreicht werden. Unser System ist zu aufwändig, während etwa die Rechts­durch­setzung nach der franzö­si­schen Variante – entgegen der allge­meinen Meinung – gar nicht so verrecht­licht ist wie unser System, das auf Unter­las­sungs­klagen, Zivil- und Straf­ver­fahren beruht.

promedia: Die Justiz­mi­nis­terin hat dieses Modell bereits abgelehnt. Welche Argumente sprächen dennoch dafür?
Kreile: Das entschei­dende Argument ist, dass eine wirksame Bekämpfung der Piraterie im Internet voraus­setzt, dass die Service-Provider aktiv daran mitwirken, dass es zu keinen Rechts­ver­let­zungen kommt. Das franzö­sische Hadopi-Modell ist ein abgestuftes Modell, dass die Mitwirkung der Internet-Provider zwingend voraus­setzt, während das deutsche Modell – wie man aus Ankün­di­gungen im Koali­ti­ons­vertrag heraus­lesen kann – diese Mitwirkung gerade nicht berück­sichtigt. Damit tritt aus unserer Sicht eine Schutz­lücke ein. Wir hoffen, dass diese Lücke im dritten Korb geschlossen wird.

promedia: Wäre es grund­sätzlich an der Zeit, noch einmal über die digitale Privat­kopie zu reden?
Kreile: Es fängt schon mit dem Missver­ständnis an, dass es kein Recht auf irgendeine Kopie, auch keine digitale, gibt. Der Gesetz­geber hat zur Abgeltung der Rechts­ver­letzung einer jeden Kopie die Leerkas­setten- und Geräte­abgabe instal­liert, weil er die Rechts­ver­letzung durch einen Vergü­tungs­an­spruch heilen will. Worüber man mit der Regierung noch einmal reden muss, ist sicherlich, inwieweit auch für Kopien bezahlt wird, die aus einer offen­sichtlich unrecht­mä­ßigen Quelle erfolgen. Alter­nativ bleibt nur der Anspruch auf Unter­lassung, von dem wir wissen, wie schwer er in der Praxis durch­zu­setzen ist.

promedia: Legali­siert man so nicht den illegalen Handel?
Kreile: Es gibt dieses Neben­ein­ander von Verbots­an­spruch und Vergü­tungs­an­spruch auch bei der Kabel­wei­ter­leitung. Der Gesetz­geber hat in vielen Bereichen feststellen müssen, dass technische Entwick­lungen einen wirksamen Schutz nicht mehr über ein Verbots­recht ermög­lichen, sondern über einen Vergü­tungs­an­spruch. Es ist eher die Frage, inwieweit der Gesetz­geber in den Fällen, in denen ein Verbots­recht nicht mehr durch­setzbar ist, verpflichtet ist, einen Vergü­tungs­an­spruch vorzu­sehen. Hier prallen in der Diskussion die Welt der reinen Lehre, die alles über Verbote regeln will, und die Praxis durch­setz­barer Vergü­tungen aufein­ander.
Pauschal­ver­gü­tungs­mo­delle wie die Kultur- Flatrate sind damit aber nicht gemeint, sondern eine Nachjus­tierung bei der Vergütung über die Leerkas­setten- und Geräte­abgabe. Die Industrie argumen­tiert im Moment damit, dass sie für unrecht­mäßige Kopien nichts bezahlen will. Ob das richtig ist, kann man sehr wohl in Zweifel stellen.
Castendyk: Die Kernfrage des Geldver­dienens mit Content und des Urheber­rechts ist eine Vergütung für jede Art der Nutzung, egal ob sie recht­mäßig oder unrecht­mäßig geschieht. Gleich­zeitig will man über Verbots­rechte die Verwertung steuern, was gerade im Filmbe­reich mit einer klaren Verwer­tungs­ab­folge besonders wichtig ist. Es wird deshalb für einen Content-Inhaber unmöglich, eine Kultur-Flatrate zu akzep­tieren, wenn er dadurch die Steue­rungs­mög­lichkeit verliert. Ein Aspekt der Kultur- Flatrate muss jedoch positiv betrachtet werden: dass es grund­sätzlich auch möglich sein muss, von den Platt­form­be­treibern eine Vergütung zu erlangen.

promedia: Bewegen Sie sich hier mit Ihren Forde­rungen, dass die Provider für die bei ihnen verbrei­teten Inhalte auch etwas bezahlen müssen, mit den Verlegern auf einer Stufe?
Castendyk: Ich glaube, dass der Ansatz der Verleger in die richtige Richtung geht. Ob es der einzige Weg ist, bleibt eine zweite Frage. Mitte der Neunziger, als das Internet entstanden ist, hat man eine grund­le­gende Entscheidung getroffen: Access-Provider zu schützen, weil sie die Inhalte nicht kontrol­lieren können. Das war sicherlich richtig, stellt nur kein Argument gegen eine pauschale Vergütung dar. Aus Sicht der Content-Industrie ist klar, dass sie diese Vergütung zahlen müssten, weil sie schließlich von den Inhalten im Netz profi­tieren.

promedia: Wer verfügt über die Leistungs­schutz­rechte bei TV-Auftrags­pro­duk­tionen?
Castendyk: Der Filmher­steller. Das ist derjenige, der die wirtschaft­liche Verant­wortung trägt und die Organi­sation der Filmpro­duktion übernommen hat. Also der Produzent. Es war vor vielen Jahrzehnten streitig, ist aber heute einheit­liche Rechts­meinung.

promedia: Wider­spricht dem nicht, dass zum Beispiel Verwer­tungs­rechte erst nach Jahren wieder an den Produ­zenten zurück­fallen?
Castendyk: Nein. Das Leistungs­schutz­recht ist nur der Ausgangs­punkt. Im Filmge­schäft ist es üblich, dass Nutzungs­rechte einge­räumt werden. Es kommt darauf an, dass Nutzungs­rechte, zum Beispiel für Neben­rech­te­ver­wertung, nach einer Auswertung durch den Sender an den Produ­zenten zurück­fallen. Dies erreicht man durch entspre­chende Verträge mit den auftrag­ge­benden Sendern.

promedia: Das betrifft auch die digitale Welt?
Castendyk: Ja. Rechte­rückfall gibt es bei Kinofilmen, die von der FFA gefördert werden. Diese Regelung gilt über entspre­chende Richt­linien auch bei den meisten Länder­för­de­rungen. Es gibt aber auch schon erste Elemente einer solchen Regelung bei der ARD.

promedia: Bei der ARD fallen die Rechte erst nach fünf Jahren zurück.
Kreile: Die ARD-Verein­barung mit der Produ­zenten- Allianz sieht keinen allge­meinen Rechte­rückfall nach fünf Jahren vor, sondern gibt ein neues Modell vor, bei dem die Produ­zenten die Möglichkeit erhalten sollen, nicht genutzte Rechte für sich rekla­mieren zu können. Grund­sätzlich geht man in der deutschen Fernseh­wirt­schaft davon aus, dass man im Rahmen einer Auftrags­pro­duktion alle Rechte übertragen erhält.
„Alle Rechte“ meint auch Kino-, DVD- und On-Demand-Rechte. Die Position der Produ­zenten ist nun, dass demje­nigen, der dieses Recht ursprünglich generiert hat, die Möglichkeit einge­räumt werden sollte diese Rechte selbst zu nutzen, wenn sie von den Sendern gar nicht genutzt werden.

promedia: Warum gerade fünf Jahre?
Kreile: Es existiert im Urheber­recht ein Rechts­ge­danke, dass nicht genutzte Rechte vom Urheber nach fünf Jahren zurück­ge­rufen werden können. Die ARD-Verein­barung folgt diesem Modell für die Nutzungs­rechte: Wenn ein Film fünf Jahre nicht verwertet wurde, etwa auf DVD, ist der Sender nicht aktiv genug für eine derartige Nutzung. Dann soll der Produzent das Recht haben, sich die Nutzungs­rechte zurück­zu­holen und die Verwertung selbst vorzu­nehmen.

promedia: Welche Auswir­kungen haben Media­theken und Seven-day-catch-up-Angebote auf die Verwer­tungs­mög­lich­keiten der Produ­zenten?
Castendyk: Wir befürchten, dass diese Inhalte, weil sie unent­geltlich angeboten werden, auf dem Markt der entgelt­lichen Angebote weniger Chancen haben. Leider ist das Problem noch größer, weil gerade die öffent­lich­recht­lichen Sender ihre Produk­tionen auch länger als 7 Tage unent­geltlich ins Internet stellen wollen. Je länger diese Zeitdauer ist, umso mehr wird es entgelt­liche Geschäfts­mo­delle unmöglich machen. Wir hoffen, dass die ARD auch Pay-On-Demand-Platt­formen entwi­ckelt. Ein Beispiel für die Langsamkeit der öffentlich-recht­liche Verwer­tungs­be­mü­hungen: Es hat Jahrzehnte gedauert, bis man Tatort-DVDs kaufen konnte. Es gibt also viele Beispiele, dass die ARD bestimmte Rechte nicht nutzt.

promedia: Ist eine längere Bereit­stellung in der Mediathek für die Rechte mit einer nochma­ligen Ausstrahlung gleich­zu­setzen?
Castendyk: Es bedeutet, dass die On- Demand-Rechte an der Sendung beim Sender verbleiben, auch über die fünf-Jahre-Regelung hinaus. Der Rechte­rückfall wegen Nicht­nutzung betrifft nur das jeweilige Nutzungs­recht. Wenn ein Film nicht gesendet wird, kann der Produzent nur das Sende­recht rekla­mieren, nicht aber das On-Demand–Recht und umgekehrt.

promedia: Die Privaten favori­sieren sogenannte „Premium-Modelle“. Profi­tieren die Produ­zenten von einem solchen Modell?
Castendyk: Es ist unsere Hoffnung. Premium- Modelle betreffen zum Beispiel die Kombi­nation eines kurzfris­tigen Free-Angebots mit einem späteren Pay-Angebot, oder in Kombi­nation mit Embedded Adver­tising oder sonstigen Dienst­leis­tungen. Das sind aus unserer Sicht alles Neben­rech­te­an­nahmen, an denen, so unsere Forderung, die Produ­zenten mindestens beteiligt werden müssen. Alter­nativ sollten sie die Nutzungs­rechte behalten und umgekehrt die Sender betei­ligen.

promedia: Die Sender verlieren scheinbar ihre Position als Haupt­auf­trag­geber und – verwer­tungsweg. Welche Konse­quenzen hat das für die urheber­recht­liche Position der Produ­zenten?
Castendyk: Ich würde zunächst bezweifeln, dass die Sender diese Position bereits mittel­fristig verlieren werden. Es wird noch sehr lang so sein, dass die Sender als Haupt­auf­trag­geber und -verwer­tungsweg auftreten. Es wird aller­dings daneben ein verstärktes Angebot geben, das aber auch in weiten Teilen von großen Platt­formen gesteuert wird.

promedia: Bei sevenload.de etwa werden die Produ­zenten danach vergütet, wie oft das Angebot angeklickt wird. Verändert sich die Verwer­tungswelt nicht doch?
Kreile: Ja, das will der Produzent auch bewusst herbei­führen. Der Grund, warum Prozenten nicht mehr im Rahmen von Auftrags­pro­duk­tionen alle Rechte an die Sender geben wollen, ist, dass neue Verwer­tungs­formen nur effektiv genutzt werden können, wenn sie der Produzent gestalten kann.
Castendyk: Den starken Einfluss der klassi­schen Platt­formen wird es aber weiterhin geben und solange sich diese Platt­formen an der Finan­zierung in einem hohen Maß betei­ligen, werden sie entspre­chende Verhand­lungs- und Markt­macht haben.

promedia: Es lohnt sich also weiterhin mit ARD, ZDF und den Privaten zu reden?
Castendyk: Solange die neuen Verwer­tungs­mög­lich­keiten die Refinan­zierung von Angeboten nicht in erheb­lichem Umfang sichern können, wird es so sein.
Kreile: Man sollte deshalb den Unter­schied zwischen Haupt- und Neben­ver­wertung hervor­heben. Ein Kinofilm hat seine Haupt­ver­wertung zunächst im Kino und dann im Fernsehen, während ein Fernsehfilm seine Haupt­ver­wertung zuerst im Fernsehen erfährt. Alle weiteren Verwer­tungs­an­gebote bis hin zu Festivals und dem nicht-kommer­zi­ellen Bereich, können, wenn sie geschickt einge­setzt werden, zusätz­liche Einnahmen generieren. Das ändert aber nichts daran, dass für die Produ­zenten die Sender nicht nur der Haupt­auf­trag­geber sondern auch die Hauptab­spiel­stätte sind. Es wird für das Fernsehen und das Kino produ­ziert. Kein Produzent wird den Haupt­markt aus dem Auge verlieren, nur weil er sich um Neben­märkte bemüht.

promedia: Die Verleger schlagen ein Bündnis der Kreativ­wirt­schaft gegenüber Platt­formen und Providern vor. Was halten Sie davon?
Castendyk: Wir sind grund­sätzlich der Meinung, dass dieje­nigen, die von Urheber­rechten profi­tieren, sich auch an der Refinan­zierung und Vergütung betei­ligen müssen. Das ist ein allge­meines Prinzip des Urheber­rechts, das auch für Platt­form­be­treiber und Provider gilt. Es gibt immer wieder eine Zusam­men­arbeit der Content-Industrie, zum Beispiel die „Hamburger Erklärung“, oder Organi­sa­tionen wie die SPIO, die die Filmin­dustrie mit allen Bereichen vertritt. Punktuell wie insti­tu­tionell sind die Inhalt­e­indus­trien immer stärker bereit zu koope­rieren gegenüber der Netz- und Platt­form­wirt­schaft. Das Problem wird aber nicht durch ein Leistungs­schutz­recht für Verleger zu lösen sein, ein solches Recht wird den Verleger nicht viel nützen. Es wird sie nicht in die Lage versetzen, grund­le­gende Geschäfts­mo­delle abzusi­chern, die müssten sie erst einmal schaffen. (LZ) .

Aus: Promedia Nr. 3/2010, S. 10–12 – Wiedergabe mit freund­licher Geneh­migung des promedia-Verlags.