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Produzentenallianz zur KI.KA-Affäre: „Mehr Transparenz Gebot der Stunde“

Die äußerst schwer wiegende Betrugs­affäre beim KI.KA hat die Inter­es­sen­ver­tretung der deutschen Produ­zenten, die Allianz Deutscher Produ­zenten – Film & Fernsehen, auf den Plan gerufen. Mit großer Besorgnis sieht man den über Jahre hinweg erfolgten, massiven Betrugs­skandal beim KI.KA. Schon 72 Betrugs­fälle stehen derzeit in Rede, die Staats­an­walt­schaft Erfurt geht inzwi­schen von „gewerbs­mä­ßigem Betrug“ aus. Besonders unver­ständlich ist, dass dieser besonders schwer­wiegende Selbst­be­die­nungs­skandal im öffentlich-recht­lichen Rundfunk nicht etwa durch internes Controlling oder externe Prüfungen zu Tage trat, sondern durch die Selbst­an­zeige des Komplizen, der fingierte Dienst­leistungen in Rechnung gestellt und die Beträge mit dem inzwi­schen inhaf­tierten KI.KA-Mitarbeiter geteilt haben soll. Es ist also nicht nur der Betrug selbst, der nachdenklich stimmt, sondern gerade auch die Art seiner Aufklärung.

Der KI.KA verfügt in Erfurt über einen vergleichs­weise beschei­denen Jah­resetat von 37 Mio. Euro. Ohne, dass es jemandem auffiel, konnte der inhaf­tierte Herstel­lungs­leiter davon jährlich offenbar bis zu einer Million Euro abzweigen. Dem Vernehmen nach haben die Revisi­ons­ab­tei­lungen des ZDF und des Hessi­schen Rundfunks erst im Jahre 2009 den KI.KA geprüft und dabei nichts bemerkt. „Wenn jetzt nicht die Alarm­glocken schrillen, wann dann?“, fragt Dr. Christoph E. Palmer, Geschäfts­führer der Produ­zen­ten­al­lianz. Der Vorfall sei umso mehr zu bedauern, weil bis zum heutigen Tage die Qualität des von ARD und ZDF sowie deren Gemein­schaftsunternehmen gezeigten Pro­gramms – gerade im inter­na­tio­nalen Vergleich – beachtlich hoch ist. „Die äußerst angespannte wirtschaft­liche Situation gerade auch vieler kleiner und mittlerer Produ­zenten – vor allem auch im Kinder­pro­gramm und bei der Animation, auch in den neuen Bundes­ländern – macht die moralische Verwor­fenheit der handelnden Personen besonders offenbar“, sagt Michael Schmetz, Leiter der Produ­zen­ten­al­lianz-Sektion Animation.

Der Intendant des Mittel­deut­schen Rundfunks, Prof. Dr. Udo Reiter, hat eine rückhaltlose Aufklärung angekündigt. „Das ist zu begrüßen. Wir haben aus langjäh­riger, positiver Erfahrung mit Professor Reiter und dem MDR auch Vertrauen in die Selbst­re­gu­lie­rungs­kräfte“, erklärt Alexander Thies, Vorsit­zender des Vorstands der Produ­zen­ten­al­lianz. Eine fallbe­zogene Aufklärung reiche jedoch nicht mehr aus, als Schluss­fol­gerung aus der KI.KA-Affäre müssten grund­sätz­liche Weichen­stel­lungen im öffentlich-recht­lichen System erfolgen: „Das Gebot der Stunde heißt jetzt: mehr Trans­parenz und höhere Effizienz im Programm­budget“, so Alexander Thies weiter.

Bis zum heutigen Tage gibt es leider keine wirkliche Trans­parenz bei ARD und ZDF und ihren Gemein­schafts­un­ter­nehmen ARTE oder KI.KA über die Höhe der zur Verfügung stehenden Programm­mittel und ihre Verteilung im Programm. Auch die von ZDF und WDR veröf­fent­lichen absoluten Jahres-Zahlen der Programm­auf­wen­dungen ermög­lichen wenig Aufschluss über die konkrete Kosten­ver­teilung. „Nur eine vollständige Trans­parenz kann künftig Vorfälle wie den KI.KA-Betrugsskandal verhindern – und gleich­zeitig vermeiden, dass noch mehr Bürokratie entsteht,“ sagt Alexander Thies. „Einer Kontrolle durch die Öffent­lichkeit und die Branche wären Unregel­mäßigkeiten in dieser Größen­ordnung sicher nicht entgangen.“

Die Produ­zen­ten­al­lianz wird deshalb die Inten­danten der ARD-Landes­run­d­­funk­an­stalten und den Inten­danten des ZDF sowie die Vorsit­zenden der dortigen Gremien ansprechen, um in Zukunft die jährliche Vorlage von detail­lierten Programm-Kennziffern einzu­fordern. „Öffent­lichkeit und Pro­duktionswirtschaft in Deutschland haben ein Recht darauf, zu erfahren, wie viele Mittel konkret für Auftrags- und für Eigen­pro­duk­tionen der Sender aufge­wendet werden. Wir wollen mit den Verant­wort­lichen rasch in einen konstruk­tiven Dialog eintreten, um die relevanten Fragen  und Kennzahlen zu disku­tieren, die für eine erhöhte Trans­parenz sorgen“, so Produ­zen­ten­­al­lianz-Geschäfts­führer Christoph Palmer weiter. Die Produ­zen­ten­al­lianz erinnert zugleich daran, dass schon die Richt­linie über audio­vi­suelle Medien­dienste (AVMD-Richt­linie) der Europäi­schen Kommission vom 10.3.2010 sende- bzw. inves­ti­ti­ons­be­zogene Quoten für das Programm vorsieht.

Die Produ­zen­ten­al­lianz wird sich auch an die Rechts­auf­sicht über den öffentlich-recht­lichen Rundfunk in Deutschland, die ausübenden Länder, deren Rundfunk­kom­mission und ebenso an die Kommission zur Ermittlung des Finanz­be­darfs der Rundfunk­an­stalten (KEF) wenden und eine neue Qualität in Trans­parenz und Effizienz der zur Verfügung stehenden Pro­grammmittel anmahnen. Gerade die Programm­mittel als die „Software“ der Sender haben einen beson­deren Stellenwert. Die Sorgfalt bei Vergaben und in der Qualität ist ein Vertrau­ens­ka­pital der Sender.

Nach Auffassung der Produ­zen­ten­al­lianz kann jetzt nicht einfach zur Tages­ordnung überge­gangen werden. Eine neue Offenheit über die aufge­wendeten Programm­mittel für Eigen- und Fremd­pro­duk­tionen der Sender kann helfen,  verlo­renes Vertrauen – nach etlichen Betrugs­af­fären – für den öffentlich-recht­lichen Rundfunk in Deutschland zurück­zu­ge­winnen.