Achtung: Dieser Beitrag war mal öffentlich, wurde dann aber wieder versteckt, und ist nur noch im Zugangsbeschränkten Internen Bereich zugänglich. Er dient archivarischen Zwecken.
Liebe Sektions-Mitglieder,
wie Ihr bereits der gemeinsamen Pressemitteilung von ARD und Produzentenallianz entnommen habt, ist es uns gelungen, auch die Verhandlungen mit der ARD über die Terms of Trade („Eckpunkte der vertraglichen Zusammenarbeit für vollfinanzierte dokumentarische Auftragsproduktionen“) zu einem erfolgreichen Abschluss bringen. Die letzten Unterschriften sind nunmehr erfolgt, deswegen freuen wir uns, Euch im Anhang das neue Papier zukommen zu lassen. Eine gedruckte Fassung der Eckpunkte erhaltet Ihr – wie auch schon bei der entsprechenden ZDF-Vereinbarung – in Kürze per Post.
Im Rahmen der Verhandlungen konnten wir die jahrzehntelang geübte Vertragspraxis der ARD aufbrechen und wesentliche Verbesserungen der Vertragsbedingungen erreichen. Insbesondere die Beteiligung von Euch, den Produzenten, am wirtschaftlichen Erfolg Eurer Filme stellt ein Novum dar und soll dazu beitragen, Produktionsunternehmen auf eine stabilere wirtschaftliche Grundlage zu stellen – wie auch die nunmehr geschaffene Möglichkeit, durch den Sender nicht genutzte Rechte selbst auswerten zu können. Mit der Erhöhung der HUs und damit auch des Gewinns sowie der Aufnahme weiterer Kalkulationspositionen konnten wir wichtige Erfolge bei der Erreichung unserer Ziele – u.a. Anpassung der Budgets an die Produktionsrealitäten – verbuchen.
Der Abschluss der Vereinbarung ist ein erster, aber wichtiger Schritt auf dem Weg für eine für den Produzenten tragbare Gestaltung der Vertragsbeziehungen mit der ARD. Klar ist aber auch, dass noch nicht alle unsere Ziele in dieser ersten Vereinbarung erreicht werden konnten und einige Punkte zum jetzigen Zeitpunkt nicht durchsetzbar waren und daher zurückgestellt werden mussten. Diese Punkte, wie z.B. die Anerkennung eines Producers als Budgetposten, werden auch künftig in Gesprächen und Verhandlungen verfolgt werden müssen. In diesem Rahmen sei noch darauf hingewiesen, dass die von der AG DOK in der Vergangenheit geforderte Regelung zu Urhebervergütungen nicht Gegenstand der Verhandlungen waren, da sie die Stellung der an der Herstellung der Filme beteiligten Urheber betreffen und nicht die von uns vertretenen Produzenten.
Folgende Verbesserungen konnten erreicht werden:
1. Anwendbarkeit:
Die Vereinbarung gilt für Auftragsproduktionen bereits ab einer Programmlänge von 15 Minuten, wobei die Produktionen inhaltlich in sich abgeschlossen sein müssen. In zeitlicher Hinsicht ist die Vereinbarung auf Produktionen ab dem 01.03.2013 anwendbar, sie gilt zunächst bis zum 30.09.2016. Verhandlungen über die Fortschreibungen werden bereits ein Jahr vor Ablauf aufgenommen.
2.
Erlösbeteiligung der Produzenten:
Der Produzent erhält eine Erlösbeteiligung in Höhe von 16% an sämtlichen Bruttoerlösen nach Abzug nachgewiesener Synchronisationskosten sowie einer Pauschale in Höhe von 35% für die Aufbereitung der Produktion, die bei der Verwertung der ganzen Produktion im Ausland, im inländischen Pay-TV, bei einer Kinoverwertung oder bei einer Verwertung der Videogrammrechte (DVD, VHS) erzielt werden. Für die Beteiligung an den Erlösen aus der Auswertung der VoD-Rechte wird noch eine separate Vereinbarung geschlossen, die dann Rückwirkung für das Jahr 2013 haben wird. Die Erlösbeteiligung gilt für alle Produktionen, die während der Dauer der Vereinbarung erstausgestrahlt werden.
3.
Rückübertragsmöglichkeit von Verwertungsrechten:
Verwertungsrechte, die vom Sender nicht innerhalb einer 5 Jahres-Frist genutzt werden, können dem Produzenten rückübertragen werden, wenn er ein konkret vorliegendes Verwertungsinteresse nachweist. Die Sender behalten dabei ein nicht-exklusives Sende- und Klammerteilrecht. Diese Regelung gilt für Produktionen, die seit dem 1. Juli 2011 erstausgestrahlt wurden. Eine Auswertung außerhalb der deutschsprachigen Gebiete ist bereits vor Ablauf der 5-Jahres-Frist möglich, wenn ein Verwertungsinteresse nachgewiesen werden kann. Für Frankreich gilt diese Möglichkeit erst nach Ablauf von 6 Monaten nach Erstausstrahlung, wobei nach Ablauf dieser Frist in Frankreich die Auswertung durch den Sender nicht-exklusiv ist. Die Sender werden jeweils am Erlös beteiligt. Die Rückübertragungsmöglichkeit gilt bereits für Produktionen, die ab dem 01. Juli 2011 erstausgestrahlt wurden.
4.
Erhöhung der HUs:
Die HUs wurden wie folgt erhöht:
Budgets bis einschl. 25.000,- € Nettofertigungskosten: 16,5% (bislang: 13,5%)
Budgets bis einschl. 50.000,- € Nettofertigungskosten: 13% (bislang: 11%)
Budgets bis einschl. 150.000,- € Nettofertigungskosten: 9,5% (bislang 8,5%)
Budgets bis einschl. 250.000,- € Nettofertigungskosten: 6,5% (bislang 6%)
(größer 250.000,- € Nettofertigungkosten: 6% – keine Veränderung)
5.
Aufnahme neuer Kalkulationsposten:
1. Als Kalkulationsposten können auch folgende Berufsbilder/Positionen aufgenommen werden:
- Datawrangler (bei HD-Produktionen)
- Contiunity (nur bei Dokumentarspielen)
- Casting mit einem projektabhängigen Höchstsatz
- Kameraassistent (zusätzlich zum Tonmann)
2. Bei Produktionen mit einem Archivanteil von mehr als 20% der Sendelänge und geplanter Internetauswertung wird der Aufwand für die Rechteklärung als prozentualer Aufschlag in Höhe von – je nach Umfang und Schwierigkeit der Recherche – 5% bis 15% auf das für Archivrechte vereinbarte Budget abgegolten, jedoch maximal 2.000,- EUR.
3. Zahlungen an die Pensionskasse werden (ohne Zuschläge wie Handlungskosten oder Gewinn, jedoch zzgl. MwSt.) von der ARD-Landesrundfunkanstalt dem Produzenten erstattet.
6.
Bürgschaftskosten:
Die Kosten der von den ARD-Rundfunkanstalten verlangten Besicherungen sind in jeweils nachgewiesener Höhe bei Rückgabe dieser Bürgschaften in marktüblicher Höhe erstattungsfähig und keine Kalkulationsposten.
7.
Entwicklungskosten:
Bei besonders aufwändigen produktionsvorbereitende Maßnahmen (z.B. Reisen, Vorbesichtigung, Motivsuche, Casting, Recherche, Fachberatung, Honorare wie z.B. für Stringer, etc.) können die entsprechenden Kosten vom Sender im Rahmen von sog. Produktionsvorbereitungsvertrag übernommen werden. Ein – nachträglicher – Anspruch auf Handlungskosten (HU) und Gewinn für diese Kosten entsteht mit Abschluss eines Produktionsvertrages. Kommt ein solcher innerhalb von zwei Jahren nicht zustanden, dann kann der Produzent die Rückübertragung der Rechte gegen Rückerstattung der übernommenen Kosten verlangen.
8.
Zahlungen:
Zahlungen durch den Sender erfolgen grds. folgendermaßen:
20% bei Vertragsschluss
40% bei Drehbeginn
30% bei Rohschnittabnahme (wobei der Entwurf der Schnittliste, insbesondere mit Auflistung der verwendeten Fremd- und Archivmaterialien, vorzulegen ist)
10% bei Endabnahme aller Liefermaterialien und nachgewiesenem Erwerb etwaiger Drittrechte vor.
9.
Vertragsabschluss:
Die Sender sind gehalten, dem Produzenten innerhalb von 6 Wochen nach Abschluss der Kalkulationsverhandlung und Vorlage aller notwendigen Unterlagen ein Vertragsangebot zukommen zu lassen (es sei denn, das Projekte steht unter dem Vorbehalt der Gremienzustimmung). Zuvor kann zur gegenseitigen Bestätigung der Kalkulationsverhandlungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer das Ergebnis der Verhandlungen in einem Verhandlungsprotokoll festgehalten werden.
10.
Produzentenbindung:
Für vom Produzenten entwickelte Stoffe und Formate gibt es nunmehr eine Produzentenbindung. Einzige Ausnahme: wenn aus Gründe aus der Sphäre des Produzenten die Realisierung der Produktion mit dem Produzenten nicht zumutbar ist.
11.
Formate:
Sender und Produzenten sind sich darüber einig, dass noch eine gemeinsame Regelung für den Umgang und die Auswertung von dokumentarischen Formaten getroffen werden soll.
12.
Clearingstelle:
Bei Streitigkeiten über die Anwendung der Vereinbarung können die Parteien die bereits von der ARD und der Allianz geschaffene Clearingstelle anrufen, die sich dann um eine einvernehmliche Lösung der Streitfrage bemüht
Für Fragen stehen wir Euch gern jederzeit zur Verfügung.
Herzliche Grüße
Dagmar Biller
Vorsitzende der Sektion Dokumentation
Anke Ludewig
Leiterin der Sektion Dokumentation