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Position

25 Cent je Haushalt und Monat für eine Programmoffensive von ARD und ZDF und zur Verbesserung der Produktions- und Arbeitsbedingungen bei Film und Fernsehen

Gemeinsame Stellung­nahme von

  • Allianz Deutscher Produ­zenten – Film & Fernsehen – Produ­zen­ten­al­lianz
  • Bundes­verband der Film- und Fernseh­schau­spieler – BFFS
  • Bundes­ver­ei­nigung der Filmschaf­fenden-Verbände – Die Filmschaf­fenden
  • Berufs­verband Kinema­to­grafie – BVK
  • Verband Deutscher Drehbuch­au­toren – VDD
  • ver.di FilmUnion

Die nach Einführung der Rundfunk-Haushalts­abgabe zu erwar­tenden Überschüsse gegenüber dem bisher ermit­telten Finanz­bedarf von ARD und ZDF haben eine Diskussion über die Verwendung der Überschüsse ausgelöst. Von manchen Seiten wird eine Reduzierung der Haushalts­abgabe um EUR 0,73 je Haushalt und Monat und eine Rückstellung der darüber hinaus­ge­henden Mehrein­nahmen vorge­schlagen, von anderen eine Verwendung zur Besei­tigung von insbe­sondere im gewerb­lichen Bereich aufge­tre­tenen Härte­fällen.

Die Produ­zen­ten­al­lianz und verschiedene Kreativen-Verbände haben sich in mehreren Stellung­nahmen dafür ausge­sprochen, jeden­falls Teile der zu erwar­tenden Überschüsse zu nutzen, um ARD und ZDF in die Lage zu versetzen, eine Programm­of­fensive zu starten und die äußerst prekären Bedin­gungen des audio­vi­su­ellen Schaffens in Deutschland zu verbessern. Eine solche Programm-Initiative würde es beiden Sendern ermög­lichen, vermehrt Programme in Auftrag zu geben, die inter­na­tional Quali­täts­stan­dards setzen und die mit Produk­ti­ons­budgets ausge­stattet wären, welche es den Produ­zen­ten­er­mög­lichen, den Kreativen und den Filmschaf­fenden Arbeits- und Vergü­tungs­be­din­gungen zu bieten, die der hohen Qualität ihrer Leistungen entsprechen. Nur so werden die Produk­ti­ons­un­ter­nehmen wieder in die Lage versetzt werden, innovative Programm­ideen zu entwi­ckeln und zu reali­sieren.

Die Mittel, die ARD und ZDF in fiktio­nales Programm, dokumen­ta­rische Produk­tionen und Kinder­pro­gramm inves­tieren, stagnieren seit Jahren. Ungeachtet der zwischen der Produ­zen­ten­al­lianz und ARD und ZDF verein­barten Eckpunkte, die einen größeren Budget­rea­lismus verwirk­lichen sollten, kennen Produk­ti­ons­etats seit Jahren nur eine Tendenz: Sie werden entweder reduziert oder jeden­falls auf dem schon vor vielen Jahren erreichten Stand einge­froren. Da aber die Kosten über die Jahre gestiegen sind (Tarif­gagen, Erhöhung des Abgabe­satzes zur Künst­ler­so­zi­al­ver­si­cherung, Energie­preise, sonstige Preis­stei­ge­rungen, etc.) können Produk­tionen nur noch über Effizi­enz­ge­winne reali­siert werden. So hat beispiels­weise das für die Herstellung eines „Tatorts“ zur Verfügung stehende Budget über einen Zeitraum von 10 Jahren preis­be­reinigt um ca. 20% abgenommen. Dies konnte nur durch eine Verkürzung der Drehtage von ursprünglich durch­schnittlich 28 Tagen auf heute 21 Tagen aufge­fangen werden. Bei Verdichtung der Produk­ti­ons­leis­tungen werden Filmschaf­fende damit heute deutlich kürzer in den Projekten beschäftigt. Gleich­zeitig mussten die Produ­zenten die Vergü­tungen für Drehbuch­au­toren und Regis­seure ihrer­seits festschreiben, da die verfüg­baren Budgets keinerlei Anhebungen zuließen.

Beim Kinofilm hat das ZDF seine Beiträge zur FFA nach Erlass der kleinen FFG-Novelle im Jahr 2010 zurück­ge­fahren. Auch die Höhe der Beträge, mit denen sich ARD und ZDF an Kinofilmen betei­ligen, ist vielfach gesunken. Zweit­li­zenzen, die notwendig wären, damit Produ­zenten überhaupt eine Eigen­ka­pi­tal­rendite erwirt­schaften könnten, werden von ARD und ZDF an deutschen und europäi­schen Produk­tionen praktisch nicht mehr erworben. Das Gesamt­enga­gement von ARD und ZDF für den deutschen Kinofilm stagniert somit seit Jahren, vermutlich ist es sogar rückläufig. Das gilt für den Spielfilm wie insbe­sondere auch für den Dokumen­tarfilm.

Der soeben erschienene 19. KEF-Bericht belegt, dass sowohl ARD wie ZDF die für Programm­in­ves­ti­tionen zur Verfügung stehenden Mittel insgesamt gekürzt haben. Diese Kürzungen schlagen unmit­telbar auf die Beschäf­ti­gungs­si­tuation im Bereich der audio­vi­su­ellen Produktion durch. Die Mittel­kür­zungen in den Program­metats von ARD und ZDF sind eine Ursache dafür, dass die heute inter­na­tional anerkannten Programm­ideen nicht mehr aus Deutschland kommen. Hier sind etwa die TV Serien („House of Cards“, „Homeland“, „Downton Abbey“, „Borgen“ etc.) zu nennen, die weltweit – und auch in Deutschland – wegen der Qualität und Sorgfalt, mit der sie produ­ziert wurden, Anerkennung finden. Auch beim Kinofilm droht Deutschland inzwi­schen inter­na­tional den Anschluss zu verlieren. Teilweise sind kleinere Länder wie Öster­reich, in denen das Fernsehen sich mutig an Filmen mit Themen außerhalb des Mainstreams beteiligt, auch kreativ deutli­ch­erfolg­reicher als Deutschland.

Da Produk­ti­ons­un­ter­nehmen die steigenden Kosten, wenn überhaupt, nur auffangen können, indem sie wachsende Teile des eigentlich zu kalku­lie­renden Gewinns zur Abdeckung von Produk­ti­ons­kosten verwenden, gelingt es immer seltener, Programm­in­no­va­tionen zu entwi­ckeln und wirklich überzeu­gende Stoffe zu verfilmen. Die Herstellung fiktio­naler Programme erfolgt unter einem ständigen Termin­druck und die Arbeits­be­lastung während der reduzierten Drehtage nimmt deutlich zu. Auch bei den dokumen­ta­ri­schen Produk­tionen ist der Budget­druck kaum mehr erträglich. Der große, 90-minütige Dokumen­tarfilm findet praktisch nicht mehr statt. Dokumentar- und Anima­ti­ons­pro­du­zenten müssen immer größere Teile ihrer Produk­ti­ons­budgets aus anderen Quellen generieren und die Sender weichen zur weiteren Kosten­ein­sparung oftmals auf direkte Lizenz­käufe von Programmen aus dem Ausland unter Umgehung der deutschen Produk­ti­ons­land­schaft aus.

Deshalb fordern die diese Resolution tragenden Verbände, die Chance der zu erwar­tenden Überschüsse aus der Haushalts­abgabe coura­giert zu nutzen. Beginnend mit dem Jahr 2015 sollte ein Teilbetrag der Überschüsse in Höhe von mindestens 25 Cent je Haushalt und Monat für eine Programm­of­fensive von ARD und ZDF ausschließlich für Programm­in­ves­ti­tionen verwendet werden. Das entspricht bei knapp 40 Mio. Fernseh­haus­halten ca. EUR 100 Mio. jährlich. Diese zusätz­lichen Mittel sind von ARD und ZDF für Auftrags­pro­duk­tionen, Co-Produk­tionen oder Lizenz­ein­käufe von deutsch­spra­chigen Programmen und europäi­schen Co-Produk­tionen mit Ausnahme von Sport­pro­grammen und Eigen­pro­duk­tionen zu verwenden.
Mit diesen zusätzlich für Fernseh-, Dokumentar-, Kinder- und Kinofilme zur Verfügung stehenden Mitteln könnten:

  • Programm­in­no­va­tionen angegangen und reali­siert werden,
  • höhere Quali­täts­stan­dards und verbes­serte Arbeits­be­din­gungen erreicht werden,
  • das kreative Potential von Drehbuch­au­toren, Regis­seuren, Filmur­hebern und Schau­spielern angemessen vergütet und Arbeits­be­din­gungen in der Produktion entschärft werden,
  • die Produ­zenten wieder in die Lage versetzt werden, aus der Herstellung von Produk­tionen und ihrer Verwertung Deckungs­bei­träge zu generieren, die es ihnen ermög­lichen würden, eigen­ständig Programm­ideen zu entwi­ckeln und diese sorgfältig bis zur Produk­ti­ons­reife zu entwi­ckeln,
  • der vielfäl­tigen Produk­ti­ons­land­schaft in Deutschland wesent­liche Impulse gegeben werden.

Da mit den zusätz­lichen Programm­in­ves­ti­tionen, die aus den 25 Cent je Haushalt und Monat zur Verfügung gestellt würden, die zu erwar­tenden Überschüsse aus der Haushalts­abgabe nicht ausge­schöpft würden, bliebe daneben die Möglichkeit, Beitrags­re­du­zie­rungen vorzu­nehmen und/oder mit der Haushalts­abgabe verbundene Härte­si­tua­tionen auszu­gleichen. Die zusätz­lichen Programm­mittel wären aber nicht nur der sprich­wört­liche Tropfen auf den heißen Stein, sondern durchaus geeignet, die Situation der Kreativen und der Produ­zenten in Deutschland zu verbessern und gleich­zeitig die Qualität des Programms einen großen Schritt nach vorne zu bringen.

 

München/Berlin, 12. März 2014

 

Allianz Deutscher Produ­zenten – Film & Fernsehen – Produ­zen­ten­al­lianz
Bundes­verband der Film- und Fernseh­schau­spieler – BFFS
Bundes­ver­ei­nigung der Filmschaf­fenden-Verbände – Die Filmschaf­fenden
Berufs­verband Kinema­to­grafie – BVK
Verband Deutscher Drehbuch­au­toren – VDD
ver.di FilmUnion