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Position

FFG vor dem Verfassungsgericht: Stellungnahme

Stellung­nahme der Allianz Deutscher Produ­zenten – Film & Fernsehen e.V. zu den Verfas­sungs­be­schwerden 2 BvR 1561/12, 2 BvR 1562/12, 2 BvR 1563/12 und 2 BvR 1564/12

1.

Die Produ­zen­ten­al­lianz ist die mit Abstand größte Inter­es­sen­ver­tretung von audio­vi­su­ellen Produk­ti­ons­un­ter­nehmen in Deutschland. Sie vertritt ca. 200 Unter­nehmen der Produktion von Kinofilmen, TV-Fiktion-Programmen, TV-Enter­tainment-Programmen, Anima­tions-, Dokumentar- und Werbefilm-produk­tionen, davon ca. 50 aktive Kinofilm­pro­du­zenten.

2.

Die Produ­zen­ten­al­lianz ist Mitglied der Spitzen­or­ga­ni­sation der Filmwirt­schaft e.V. („SPIO“). Diese wird eine eigene Stellung­nahme zu den Verfas­sungs­be­schwerden abgeben, die von der Produ­zen­ten­al­lianz in vollem Umfang mitge­tragen wird. Zur Vermeidung von Wieder­ho­lungen verweisen wir insoweit auf die Stellung­nahme der SPIO und beschränken uns nachstehend auf die Darstellung einzelner zusätz­licher Punkte, die aus Sicht der in der Produ­zen­ten­al­lianz vertre­tenen Kinopro­du­zenten von beson­derer Bedeutung sind.

3.

Die auf der Grundlage des FFG erfol­gende Förderung durch die FFA stellt sich aus Sicht der in der Produ­zen­ten­al­lianz vertre­tenen Produk­ti­ons­un­ter­nehmen als essen­ti­eller Baustein zur Ermög­li­chung einer markt­re­le­vanten Produktion von Kinofilmen in Deutschland dar. Auf einen kurzen Nenner gebracht: Ohne Förderung der Produktion von Kinofilmen und der verschie­denen Auswer­tungs­stufen, beginnend mit der Kinotheater- über die Verleih- bis hin zur sonstigen Absatz­för­derung von deutschen Filmen würde die Produktion von deutschen Kinofilmen und ihr Markt­anteil drama­tisch zurück­gehen und wäre die Produktion von Kinofilmen in Deutschland, wäre aber auch die Existenz vieler Kinotheater in Deutschland existen­tiell bedroht. Das ergibt sich aus folgenden Überle­gungen:

3.1

Die Produktion von Kinofilmen ist für die Produk­ti­ons­un­ter­nehmen ein hochris­kantes Geschäft mit geringen Margen.

3.1.1

Der Erfolg eines Kinofilm­pro­jekts ist, das hat die Erfahrung der letzten 100 Jahre gezeigt, (leider) nicht vorher­sehbar. Das gilt auch nicht nur für Deutschland. Vielmehr kann auch für die USA und die dort ansäs­sigen sog. Major Studios, die ganze Abtei­lungen beschäf­tigen, um den „Erfolg“ eines Filmpro­jektes vorher­zu­sagen, festge­stellt werden, dass dort im Durch­schnitt nur zwei von zehn reali­sierten Filmpro­jekten wirtschaftlich erfolg­reich sind. Durch­schnittlich zwei weitere von zehn Filmpro­jekten erreichen den Break-Even. Bei den übrigen sechs Filmpro­jekten ergibt sich für das Produk­ti­ons­un­ter­nehmen auch in den USA ein Verlust. Vor diesem Hinter­grund stellt sich aus Sicht der Produ­zen­ten­al­lianz die Förder­tä­tigkeit der FFA als signi­fikant erfolg­reicher dar, da, wie in der Stellung­nahme der SPIO dargelegt wird, von der FFA geför­derte Filme deutlich erfolg­reicher sind als der Durch­schnitt der im Kino gestar­teten deutschen Filme.

3.1.2

Die reine Orien­tierung der ameri­ka­ni­schen Major Studios an dem erhofften wirtschaft­lichen Erfolg führt dazu, dass dort vor allem auf Folge­pro­duk­tionen zu Kinofilmen gesetzt wird, die sich bereits als erfolg­reich erwiesen haben. Vergleichbare Stoffe, die einen Kinoerfolg wahrscheinlich, wenn auch keineswegs sicher erscheinen lassen, gibt es jedoch in Deutschland nur in sehr viel beschränk­terer Zahl. Zudem geht die Strategie der ameri­ka­ni­schen Majors, die auf die Attrak­ti­vität von Stoffen setzt, die sich bereits als publi­kums­wirksam erwiesen haben, einher mit der Inves­tition von außer­or­dentlich hohen Budgets, die US-$ 50 Mio., in vielen Fällen aber auch US-$ 100 Mio. überschreiten und zusätzlich mit einem erheb­lichen Marke­ting­aufwand in vergleich­barer Höhe in den Markt gebracht werden. Diese Kalku­lation kann für Produk­tions- und Vertriebs­un­ter­nehmen, die auf einem weltweiten Markt agieren, aufgehen, tut es aber auch bei diesen oftmals nicht. Für deutsche Produk­ti­ons­un­ter­nehmen stehen vergleichbare Budgets und ein vergleichbar großer Markt aber nicht zur Verfügung.

3.1.3

Die Schwie­rigkeit der Prognose des künftigen Erfolgs eines Filmes trifft aber nicht nur für die Projekt­phase zu, sondern sogar auf fertige Filme. So wurde etwa der erfolg­reichste Film des letzten Jahres, die franzö­sische Produktion „Ziemlich beste Freunde“ von einer Reihe von Verleih­firmen, denen er angeboten worden war, abgelehnt. Die Kinobe­treiber tragen demge­genüber in Bezug auf die Auswahl der von ihnen zu zeigenden Filme das geringste Risiko. Sie müssen sich erst wenige Wochen vor dem Kinostart entscheiden, ob sie den entspre­chenden Film zeigen wollen. Zu diesem Zeitpunkt kann oft schon beurteilt werden, wie der betref­fende Film etwa im Ausland gelaufen ist, wie er bei Testvor­füh­rungen angekommen ist bzw. wie ihn die Kritik aufge­nommen hat. Dennoch beurteilen auch Kinobe­treiber das Erfolgs­po­tential eines Filmes oft falsch. Im Unter­schied zu den Produ­zenten haben sie jedoch die Möglichkeit, eine solche Fehlein­schätzung kurzfristig zu korri­gieren, indem sie den Film in ihr Programm aufnehmen, wenn sich im Laufe der ersten Woche nach Kinostart zeigt, dass er beim Publikum auf Interesse stößt.

3.1.4

Aus Sicht der in der Produ­zen­ten­al­lianz vertre­tenen Produk­ti­ons­un­ter­nehmen besteht kein Gegensatz zwischen der kommer­zi­ellen Ausrichtung eines Filmes und seiner künst­le­risch­krea­tiven Qualität. Vielmehr ist die künst­le­rische Qualität in allen Genres des filmi­schen Schaffens wesent­liche Voraus­setzung für den kommer­zi­ellen Erfolg. Das gilt für die deutsche Produktion mit einem relativ geringen Budget von EUR 3 oder 4 Mio. nicht anders als für eine große ameri­ka­nische Produktion. Beide Arten von Filmen mögen sich in ihren Sujets und der Erzähl­weise unter­scheiden. Ohne eine dem jewei­ligen Sujet und Genre angepasste Umsetzung in hoher filmi­scher Qualität werden beide Arten von Filmen erfolglos bleiben. Das beweisen eine Reihe natio­naler wie inter­na­tio­naler Großpro­duk­tionen, die versuchten, vermeintlich erfolg­ver­spre­chende Elemente in einem Filmprojekt zusammen-zuführen, und die dennoch grandios gescheitert sind. Aber auch die Aussage, dass „kleine“ oder innovative Filme eine geringere Aussicht auf einen wirtschaft­lichen Erfolg mit sich bringen, wäre nicht zutreffend. Vielmehr können auch solche Produk­tionen sowohl inter­na­tional, wie auch national hoch erfolg­reich sein, wie z.B. die Filme „Blair Witch Project“, „Lola rennt“ oder der Überra­schungs­erfolg des letzten Jahres „Oh Boy“ eindrucksvoll belegen.

3.2

Um trotz dieser erheb­lichen Unsicherheit bei der Prognose wirtschaft­licher Erfolge dennoch Filme ohne Förderung produ­zieren zu können, sind deutsche Produk­ti­ons­un­ter­nehmen nicht kapital­kräftig genug. Die Herstellung eines Kinospiel­filmes erfordert regel­mäßig Budgets in einer Spanne von ca. EUR 3 bis 10 Mio., in Einzel­fällen auch darüber. Dabei liegt es jedoch nicht in der Entscheidung des Produ­zenten, den geplanten Film doch lieber nur für ein Budget am unteren Rand dieser Spanne herzu­stellen. Vielmehr erfordern bestimmte Sujets sowie das Erfor­dernis, gegen die Sugges­tiv­kraft der inter­na­tional mit sehr viel höheren Budgets herge­stellten Filme bestehen zu können, auch von deutschen Produ­zenten, ihre Filme nicht nur als kleine Kammer­spiele sondern immer wieder auch als groß angelegte Produk­tionen zu reali­sieren. Nur wenn deutsche Produk­ti­ons­un­ter­nehmen in die Lage versetzt werden, auch Filme mit höheren Budgets zu reali­sieren, hat der deutsche Film die Chance, in Deutschland neben den inter­na­tio­nalen Großpro­duk­tionen zu bestehen und sich Verwer­tungs­mög­lich­keiten auf dem inter­na­tio­nalen Markt zu sichern.

3.2.1

Die Bundes­re­publik Deutschland hat sich nach dem Ende des Natio­nal­so­zia­lismus bewusst entschieden, keine zentrale und kapital­starke Filmpro­duk­ti­ons­einheit, wie sie die alte UFA in der Zeit des Natio­nal­so­zia­lismus darstellte, haben zu wollen. Statt­dessen wurde die Filmpro­duk­ti­ons­wirt­schaft in kleinen und mittleren Betrieben organi­siert, die sich vielfach durch eine besondere Kreati­vität ausweisen. Nachteil dieser Organi­sa­ti­onsform ist, dass diese Produk­ti­ons­firmen durchwegs sehr kapital­schwach sind. Nach den Erhebungen der Produ­zen­ten­studie („Produ­zen­ten­studie 2012“ – Daten zur Film- und Fernseh­wirt­schaft in Deutschland 2011/2012 von Oliver Castendyk, Klaus Goldhammer, Vistas Verlag, S. 44) arbeiten 52 % der Kinofilm­pro­du­zenten mit einer Umsatz­rendite von unter 2,5 %, weitere 13 % mit einer Umsatz­rendite von unter 5 %. Derart niedrige Umsatz­ren­diten erlauben es gerade einmal, genügend Finanz­mittel zu generieren, um die Vorbe­rei­tungen für ein nächstes Filmprojekt zu finan­zieren. Sie ermög­lichen es hingegen nicht, allein aus eigener Kraft wesent­liche Finan­zie­rungs­an­teile der von ihnen herzu­stel­lenden Kinofilme darzu­stellen. Folge hiervon ist, dass Kinofilm­pro­du­zenten in hohem Umfang den von Bundes- und Länder­för­de­rungen gefor­derten Eigen­anteil von mindestens 5 % der Herstel­lungs­kosten des Filmes (vgl. z.B. § 34 FFG) nur dadurch darstellen können, dass sie die Vergü­tungen für die von ihnen selbst erbrachten Leistungen zurück­stellen. Würde die Förderung durch die FFA entfallen, die auf die Gesamtheit der deutschen Produk­tionen bezogen ca. 7 % der Herstel­lungs­kosten betragen, sich bei den konkret von der FFA geför­derten Produk­tionen im Regelfall aller­dings auf über 10 % des Budgets belaufen dürfte, so würden diese Produk­ti­ons­un­ter­nehmen die dadurch entste­hende Finan­zie­rungs­lücke nicht selbst decken können. Damit würde ein Großteil der von ihnen heute mit Hilfe der Förderung der FFA herge­stellten Filme künftig nicht mehr reali­siert werden können.

3.2.2

Auch aus dem Markt könnte eine entspre­chende Finan­zie­rungs­lücke nicht ausge­glichen werden. Im Unter­schied zu den ameri­ka­ni­schen Major Studios, die ihre Filme für einen von der engli­schen Sprache dominierten Weltmarkt herstellen, ist die Refinan­zier­barkeit deutscher Produk­tionen durch den begrenzten deutsch­spra­chigen Markt von knapp 100 Mio. poten­ti­ellen Zuschauern beschränkt. Das bedeutet nicht, dass nicht auch deutsche Produk­tionen mit dem Ziel reali­siert werden, auf dem inter­na­tio­nalen Markt erfolg­reich zu sein und ihnen dies nicht auch immer wieder gelingt. Aus der inter­na­tio­nalen Verwertung lassen sich jedoch nicht schon im Stadium der Planung und Reali­sierung eines Filmpro­jektes und seiner Finan­zierung im Vorhinein gesicherte Erlöse generieren (z.B. durch Auslands­ver­käufe mit Minimum­ga­rantien), die in die Finan­zierung des Filmes einge­stellt werden könnten. Um hier die markt­be­dingt bestehenden Finan­zie­rungs­lücken schließen zu können, ist ein deutscher Produzent somit zwingend auf die Bereit­stellung von Förder­mitteln angewiesen.

3.2.3

Ein Wegfall der Förderung durch die FFA würde aber nicht nur zu einem drama­ti­schen Rückgang der Filmpro­duktion, sondern auch zu einem starken Rückgang der Zahl der Kinotheater führen. Der deutsche Film hatte in den letzten Jahren einen Markt­anteil von 15 – 25 %. Dabei besteht, wie in der Stellung­nahme der SPIO nachge­wiesen wird, eine starke Relation zwischen dem Erfolg des deutschen Filmes und der gesamten Besucherzahl eines Jahres. Würde der deutsche Film wegfallen, so mag es bestimmten Kinotheatern gelingen, Teile des damit entfal­lenden Markt­an­teils durch den Einsatz anderer Filme zu kompen­sieren. Eine vollständige Ersetzung wird jedoch keines­falls statt­finden, da die Besucher deutscher Filme diese wegen spezi­fisch mit ihnen verbun­denen Attri­buten (Sprache, deutsche Darsteller, deutsche Sujets, etc.) sehen wollen. Geht man von einem durch­schnitt­lichen Markt­anteil deutscher Filme von 20 % aus und setzt man den nicht durch andere Filme ersetz­baren Anteil sehr niedrig mit jeden­falls 10 % an, so würde dies einen Rückgang des Kinoum­satzes von jeden­falls 10 % bedeuten. Zieht man hiervon noch den von den Kinotheatern abzufüh­renden Verleih- (und Produ­zenten-) Anteil von durch­schnittlich 50 % ab, so würde sich in der Folge eine Verschlech­terung der Rendite der Kinos von jeden­falls durch­schnittlich 5 % ergeben, der natürlich für Kinos, die einen höheren Anteil deutscher Filme spielen, noch deutlich höher ausfallen würde. Die Kinos in Deutschland arbeiten jedoch seit Jahren ebenfalls mit einer Gewinn­marge von nur wenigen Prozent­punkten. Würde sich hier eine Verschlech­terung von 5 % ergeben, würde dies die Insolvenz einer großen Anzahl von Kinos bedeuten.

4.

Im Rahmen der Förderung von Kinofilmen kommt gerade der durch die FFA bereit gestellten Förder­mittel eine besondere Bedeutung zu.

4.1

Die von der FFA gewährte Referenz­för­derung (§§ 22 ff. FFG) knüpft an dem voraus­ge­henden wirtschaft­lichen Erfolg eines von dem Produ­zenten herge­stellten Filmes an. Sie ist also stark vom wirtschaft­lichen Erfolg des Produ­zenten geprägt und fördert diesen. Das im Rahmen der Referenz­film­för­derung zu einem geringen Teil auch zuerkannte Preise und Auszeich­nungen Berück­sich­tigung finden, stellt hierzu keinen Gegensatz dar. Denn derartige Preise und Auszeich­nungen sind zum Einen Voraus­setzung für eine inter­na­tionale Aufmerk­samkeit für den ausge­zeich­neten Film, die dann zu Auslands­ver­käufen führen kann. Aber auch im Inland bewirken derartige Auszeich­nungen, wie in der Stellung­nahme der SPIO dargelegt wird, dass sich zusätz­liche Kinokar­ten­um­sätze und stärkere Videoerlöse ergeben können und die Chancen für eine Lizen­sierung der TV-Rechte zu angemes­senen Bedin­gungen verbessert werden.

4.2

Auch die von der FFA bereit­ge­stellte Projekt­film­för­derung (§§ 32 ff. FFG) hat nach der Überzeugung der in der Produ­zen­ten­al­lianz vertre­tenen Produk­ti­ons­un­ter­nehmen jeweils die Wirtschaft­lichkeit der geför­derten Filme im Auge. Dies wird durch die bereits erwähnten erhöhten Erfolge von FFA geför­derten Filmen bestätigt. Es kommt hinzu, dass die Projekt­film­för­derung der FFA es ermög­licht, auch risiko­be­haf­tetere, innovative Filmpro­jekte zu fördern, die insbe­sondere jungen Talenten die Chance geben, ihre ersten Projekte zu reali­sieren. Das hat es vielen heute arrivierten Filmschaf­fenden erst ermög­licht, sich am Markt durch­zu­setzen.

4.3

Die durch die FFA erfol­gende Förderung von Kinofilmen in Deutschland, kann auch nicht durch eine erhöhte Länder­för­derung ersetzt werden.

4.3.1

Anders als die Länder­för­de­rungen ist die wirtschaft­liche Förderung durch das FFG nicht mit Auflagen bezüglich eines Regio­nal­ef­fektes verbunden. Damit können die Förder­mittel, die von der FFA bereit­ge­stellt werden, aber auch die zusätz­lichen, nicht durch Länder­för­de­rungen gebun­denen Produk­ti­ons­mittel bundesweit und sogar inter­na­tional einge­setzt werden. Folge dieser freien Verfüg­barkeit der Mittel ist es, dass sich seit Bestehen der FFA neben dem damals klar führenden Filmstand­orten München und im gerin­geren Umfang auch Berlin weitere Produk­ti­ons­standorte wie Köln/NRW und Hamburg etablieren konnten. In den letzten 20 Jahren sind aber auch weitere Regionen wie z.B. Sachsen und Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg als Standorte von Produk­ti­ons­un­ter­nehmen hinzu­ge­kommen. Maßgeblich ist aber nicht nur der Sitz von Produk­ti­ons­un­ter­nehmen, vielmehr ermög­licht es die nicht regional gebundene Förderung der FFA, dass Drehar­beiten und Postpro­duk­ti­ons­tä­tig­keiten nicht nach regio­nalen Kriterien, sondern dort geplant und dorthin vergeben werden, wo beste Ergeb­nisse und eine beste Qualität erzielt werden können.

4.3.2

Mindestens ebenso bedeutsam ist die nicht regional gebundene Förderung der FFA für die Ermög­li­chung inter­na­tio­naler Kopro­duk­tionen, die teilweise in Deutschland, oft aber auch ganz oder teilweise im Ausland gedreht werden. Deutschland hat sich in einer großen Zahl von inter­na­tio­nalen Kopro­duk­tions-Abkommen dazu verpflichtet, Kopro­duk­tionen, die zwischen Produk­ti­ons­un­ter­nehmen aus den betei­ligten Ländern zustan­de­kommen, zu fördern. Würde die Förderung in Deutschland ausschließlich durch eine regional gebundene Länder­för­derung erfolgen, so kämen derartige inter­na­tionale Kopro­duk­tionen praktisch zum Erliegen. Das gilt im beson­deren Maße für die enge filmwirt­schaft­liche Koope­ration zwischen Deutschland und Frank­reich, die ihren Nieder­schlag in dem sog. Mini-traité gefunden hat, der zu einem wesent­lichen Teil von der FFA finan­ziert und auf deutscher Seite von ihr adminis­triert wird.

4.4

Da die Bundes­re­publik Deutschland einen einheit­lichen Markt für die Verwertung von Kinofilmen darstellt, kann eine Förderung der Vermarktung und des Abspiels von Kinofilmen nach Überzeugung der Produ­zen­ten­al­lianz wirksam ebenfalls nur durch eine Förderung auf Bundes­ebene statt­finden. Das gilt sowohl für die Förderung der Kinotheater, insbe­sondere in struk­tur­schwachen Gebieten, die Verleih­för­derung und die Förderung der Video- und VoD-Verwertung.

4.5

Aus dem gleichen Grund müssen nach unserer Überzeugung aber auch wesent­liche Deter­mi­nanten der Verwertung von Kinofilmen bundes­ein­heitlich geregelt werden. Das zeigt sich besonders eindrücklich an den Sperr­fristen (§ 20 FFG), die für eine geregelte Verwer­tungs­ab­folge in den verschie­denen Verwer­tungs­stufen Vorgaben machen. Müssten diese Regelungen durch die verschie­denen Länder­för­derer getroffen werden, so stünde zu befürchten, dass es zu einer Vielzahl unter­schied­licher Regelungen käme, die eine geordnete Filmver­wertung nicht befördern, sondern vielmehr behindern würden.

4.6

Aber nicht nur innerhalb Deutsch­lands, sondern auch als inter­na­tionale Vertretung der filmwirt­schaft­lichen Inter­essen erscheint uns eine auf Bundes­ebene organi­sierte Insti­tution wie die FFA unver­zichtbar. Das gilt im beson­deren Maße im Hinblick auf eine Vertretung der Inter­essen des deutschen Kinofilms, seiner wirtschaft­lichen Vorbe­din­gungen und der Zuläs­sigkeit natio­naler Förder­maß­namen gegenüber der EU.

5.

Zusam­men­fassend sind wir überzeugt, dass das FFG und die FFA von einem breiten Konsens der gesamten Filmwirt­schaft, angefangen von den Kreativen über die Produ­zenten bis hin zu den Verwertern auf allen Stufen, getragen wird. Wir glauben, dass dies auch für die ganz große Zahl der Kinobe­sitzer zutrifft, die, wie gezeigt, mit einem nicht unerheb­lichen Anteil auch vom weiteren Erfolg des deutschen Kinofilms abhängig sind. Es mag sein, dass die Beschwer­de­führer aufgrund ihrer Eigen­tü­mer­struktur oder der spezi­fi­schen Program­mierung ihrer Kinos meinen, auf eine bundesweit getragene Förderung deutscher Filme verzichten zu können. Vielleicht hoffen sie aller­dings entgegen den eigenen Aussagen auch darauf, dass der deutsche Film auch ohne FFG wird überleben können. Diese Hoffnung teilen die in der Produ­zen­ten­al­lianz vertre­tenen Filmher­steller ganz entschieden nicht. Ohne die Förderung durch das FFG wird vielmehr ein großer Teil der deutschen Kinofilm­pro­duktion nicht mehr statt­finden. Der deutsche Kinofilm würde damit schweren Schaden erleiden.

 

Prof. Dr. Mathias Schwarz
Direktor für Inter­na­tio­nales, Service & Recht II
Leiter Sektion Kino
München, 30. Januar 2013
online gestellt am 10. September 2013