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Kartellamt verbietet Bundesliga-Vermarktungspläne: Reaktionen, Analysen

„Schie­nenbein-Tritt“ nennt Florian Treiß beim Medien-Infor­ma­ti­ons­dienst turi2 den Stopp von Leo Kirchs Bundesliga-Vermark­tungs­plänen durch das Bundes­kar­tellamt. Der finde ein sehr unter­schied­liches – und überra­schendes – Medien-Echo: Die konser­vative Frank­furter Allge­meine beklatsche auf Seite 1 den „Gewinn für die Fans“, und „ausge­rechnet“ die links­li­berale Süddeutsche Zeitung kriti­siere die „Lex Sport­schau“. Das letzte Wort scheine aber noch nicht gesprochen – DFL und Kirch könnten gegen die Entscheidung klagen: „Rote Karte für Leos Fußball-Pläne entzweit die Kommen­ta­toren“

Was die Deutsche Fußball Liga (DFL) als verhee­renden Rückschlag beschreibt, sei für die Fernseh­zu­schauer ein Grund zur Freude, schreibt Jörg Hahn in der Frank­furter Allge­meinen: Weil das Bundes­kar­tellamt das geplante Vermark­tungs­modell für den deutschen Profi­fußball zurück­weist, werde vieles so bleiben (müssen), wie es der Fan liebge­wonnen hat: „Gewinn für die Fans“ (frei zugänglich)

Im Tages­spiegel begrüßt Joachim Huber die Entscheidung: Die Stadien würden von der Allge­meinheit bezahlt, ebenso der Einsatz der Polizei an den Spiel­wo­chen­enden. Da hielten sich die Klubs fein raus. „Die Kosten sozia­li­sieren, die Einnahmen monopo­li­sieren“ – das müsse außer den Nutznießern keiner verstehen. Das Kartellamt habe gar nichts gegen eine lukrative Vermarktung, nur soll der Verbraucher nicht immer der Dumme sein: „Geldgier im Spiel“ (frei zugänglich)

In der Süddeut­schen Zeitung schreibt Caspar Busse, alles laufe nun auf die Zemen­tierung des derzei­tigen Zustandes hinaus: Die Sport­schau der öffentlich-recht­lichen ARD könne sich neben dem Bezahl­sender Premiere gute Chancen auf den Zuschlag ausrechnen, die ARD werde erneut die Privat­sender überbieten, denn sie finan­ziere sich mit Gebüh­ren­geldern und nicht über Werbung. Das Kartellamt sorge damit für weniger, statt für mehr Wettbewerb: „Lex Sport­schau“ (frei zugänglich)

Wenig begeistert ist auch Thomas Knüwer im Handels­blatt. Das Kartellamt fordere eine Ausstrahlung der Bundesliga-Zusam­men­fassung im frei empfang­baren TV vor 20 Uhr, weil nur so der Zuschauer ausrei­chend beteiligt sei und nur bei ausrei­chender Betei­ligung die zentrale Vermarktung der Fernseh­rechte hinnehmbar sei. Diese Argumen­ta­ti­ons­kette, so Knüwer, sei „krude, unzeit­gemäß und lässt eine Beson­derheit des Sport­ge­schäfts außen vor“: Hier könne eine Branche nur funktio­nieren, wenn ihre Betei­ligten im sport­lichen Wettbewerb konkur­rieren, sich in der externen Vermarktung aber zusam­mentun: „Markt im Abseits“

In den Financial Times Deutschland widmet sich Lutz Knappmann besonders dem „spekta­ku­lären Comeback des Medien­zaren Leo Kirch“, das mit der Kartellamts-Entscheidung „höchst­wahr­scheinlich enden“ dürfte, bevor es richtig losge­gangen ist. Zur Trennung der DFL von Leo Kirch gebe es nun kaum eine Alter­native: „Bye bye Kirch“ (frei zugänglich)

Nach der Entscheidung des Bundes­kar­tellamts dürfte Kirchs Garantie, der DFL  für sechs Spiel­zeiten 500 Millionen pro Jahr zu zahlen, „nicht mehr viel wert“ sein, schreibt Kai-Hinrich Renner in der Welt, gibt aber zu bedenken, dass Kirch „schon ganz andere Schlachten geschlagen“ habe. Für „den Sprecher von Leo Kirch“ sei die Sache jeden­falls noch längst nicht gelaufen: „Schau’n mer mal. Der Ball ist rund, das Spiel dauert 90 Minuten – und manchmal auch länger“, habe der am Donnerstag gesagt: „Leo Kirch gibt sich noch nicht geschlagen“ (frei zugänglich)

Auch Klaus Raab in der tages­zeitung ist nicht sicher, ob Leo Kirch damit nun am Ende ist. Allen, die ihn nun abschreiben, müsse aber gesagt werden: „Dass er alle Möglich­keiten prüfen wird, wie er doch noch, durch die Hintertür, im Fußball-Fernseh­rechte-Handel mitmi­schen kann, davon kann man wohl ausgehen“ – „Kirch-Comeback vorerst gescheitert“ (frei zugänglich)

In der Frank­furter Rundschau hat Wolfgang Hettfleisch Reaktionen auf die Kartell­amts­ent­scheidung gesammelt, die unter­schied­licher nicht sein könnten. Während die Verant­wort­lichen der Fußball-Bundes­li­gisten mit Empörung auf das Einschreiten der Bonner Behörde gegen die Zentral­ver­marktung reagiert hätten, habe WDR-Inten­dantin Monika Piel gejubelt: „Das ist ein guter Tag für den Fußball“ (frei zugänglich)

Auf der Medien­seite der Frank­furter Allge­meinen beschreibt Jochen Hieber verschiedene Reaktionen auf die Entscheidung und kommt „jenseits aller Rhetorik“ auch zu dem Schluss, dass sich die Profi­clubs der ersten und zweiten Liga wohl damit abfinden müssten, dass sich ihre Einnahmen aus dem Fernseh­ge­schäft nur mäßig erhöhen werden, wenn überhaupt. Keineswegs sicher sei, ob Deutsch­lands Vereins­fußball trotz des Status quo in Sachen Fernseh­ver­marktung (und jenseits von Bayern München) alsbald wieder Anschluss an die europäische Spitze finden werde: „Ein Status quo der heißen Herzen“ (frei zugänglich)

Die Kartellamt-Entscheidung habe ihre guten Seiten – auch wenn das mancher Funktionär nicht wahrhaben mag, schreibt Anna Marohn bei Zeit online. DFL-Chef Christian Seifert habe gesagt, nur auf den ersten Blick sei das ein Sieg für die Fans, aber langfristig würden sie „darben“, weil die deutschen Clubs Spitzen­fuß­baller nicht bezahlen könnten. Noch weiter habe es der DFB-Chef Theo Zwanziger  getrieben, der gesagt habe. die 80 Millionen Euro, die man weniger einnehme, würden künftig unter anderem „für gemein­nützige Zwecke“ fehlen: „Bolzplätze in Gefahr“ (frei zugänglich)