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„Münchner Erklärung“: Reaktionen

Große deutsche Zeitungs- und Zeitschrif­ten­verlage hätten in einer „Müchner Erklä­riung“ drastische Einschnitte bei den Aktivi­täten von ARD und ZDF gefordert, berichtet Focus online. Dazu gehörten eine generelle Begrenzung auf Fernsehen und Radio sowie Bewegt­bilder und Audio im Internet, ein volliger Verzicht auf Werbung, kommer­zielle Finan­zierung und jede Form von privat­wirt­schaft­licher Betätigung.

ZDF-Intendant Markus Schächter habe gesagt, die „Münchner Erklärung“ sei „schon heute ein Papier von gestern“. Das Dokument verkenne, „wo die eigent­liche Gefahr für die Zukunft unserer Medien­ordnung droht. Sie droht von inter­na­tio­nalen Megaplayern wie Google, Yahoo oder Gazprom.Media. In der Sache enthält das Papier kein einziges neues Argument“. Der ARD-Vorsit­zende Fritz Raff habe die Erklärung „ein durch­sich­tiges Saure-Gurken-Zeit-Manöver der Verleger“ genannt und erklärt, alte Argumente würden durch laufende Wieder­holung nicht besser und falsche Einschät­zungen der Medien­land­schaft nicht wahrer.

Auf die Kritik durch ARD und ZDF, so Focus online weiter, habe der Verband Deutscher Zeitschrif­ten­ver­leger (VDZ) unmit­telbar reagiert, er fühle sich dadurch nach Aussage des VDZ-Geschäfts­führers Wolfgang Fürstner „in seiner Sorge um die Zukunfts­fä­higkeit der Rundfunk­ordnung in Deutschland bestätigt“. Offen­sichtlich hätten die Verleger-Forde­rungen die öffentlich-recht­lichen Sender in ihrem Nerven­zentrum getroffen, erklärte Fürstner: „Den Nerv getroffen“ (frei zugänglich)

Noch inter­es­santer als „Ungereimt­heiten des Vier-Seiten-Texts“ der Münchner Erklärung, schreibt Steffen Grimberg in der tages­zeitung, sei die Liste der Unter­zeichner: Da stehe nämlich neben den „üblichen Verdäch­tigen“ auch Springer-Chef Mathias Döpfner, der „vor exakt einem Monat“ erklärt  habe, „Ich glaube, es gibt nur einen ordnungs­po­li­tisch sauberen (…) Weg: ARD und ZDF dürfen im Internet inhaltlich tun und lassen, was sie wollen – und verzichten dafür im Netz, aber auch im TV und allen anderen Kanälen auf Werbung, Sponsoring oder E-Commerce und finan­zieren sich nur aus Gebühren“. Mit dieser Sicht habe Döpfner bei den anderen Verlegern „kalte Wut“ geerntet.

Weiter schreibt Grimberg, obwohl die Münchner Erklärung von großen und größten Verlags­ka­libern getragen werde, halte sich deren Branchen­verband BDZV auf Distanz. Man dürfe vermuten, dass der BDZV diverse Punkte des Papiers „für das hät, was sie sind: nämlich weltfremd, ungenau und kontra­pro­duktiv“. Schließlich laufe längst auf ganz anderer Ebene eine sachliche Diskussion mit der Politik: „Der Umfaller“ (frei zugänglich)

Was dem einen zu weit geht, reiche anderen bei Weitem nicht aus, heißt es im Tages­spiegel. Der Bundes­verband der deutschen Zeitungs­ver­leger BDZV bemängele an der „Münchner Erklärung“, dass darin wichtige Themen nicht behandelt werden. Das Papier gehe im Grundsatz in die richtige Richtung, wird BDZV-Haupt­ge­schäfts­führer Dietmar Wolff zitiert: „es fehlen jedoch Aussagen zur Lokal­be­richt­erstattung“. Der Verband kämpfe dagegen, dass beispiels­weise der WDR in elf Lokal­re­dak­tionen Textnach­richten für deren Telemedien-Angebote erstellt: „Online-Erklärung der Verlage: Zu weit oder nicht weit genug?“ (frei zugänglich)

Die Presse­mit­teilung der ARD im Wortlaut:

Fritz Raff zur Münchner Erklärung der Verleger

ARD-Vorsit­zender Fritz Raff:
„Die Münchner Erklärung ist ein durch­sich­tiges Saure-Gurken-Zeit-Manöver der Verleger mit lauter bekannten und teilweise längst höchst­rich­terlich erledigten Forde­rungen. Hilfreicher wäre es gewesen, den bereits laufenden Dialog konstruktiv weiter­zu­führen. Alte Argumente werden durch laufende Wieder­holung nicht besser und falsche Einschät­zungen der Medien­land­schaft nicht wahrer.“

ARD-Sprecher Peter Meyer:
„Es gibt zwar keinen deutschen Sommer mehr, aber immer noch das Sommerloch, das die deutschen Verleger offen­sichtlich selbst füllen müssen. Anders ist kaum zu erklären, dass jetzt in einer konzer­tierten Aktion alte Hüte als neu verkauft werden. Der öffentlich-recht­liche Rundfunk hat auch im Internet den Auftrag der Grund­ver­sorgung zu erfüllen. Das hat das Bundes­ver­fas­sungs­ge­richt zweifelsfrei festge­stellt. Deshalb ist die Forderung der Verleger, die ARD auf Bewegt­bilder und Audio zu begrenzen, bereits höchst­rich­terlich erledigt. Insofern erstaunt es uns schon, dass so mancher Verleger jetzt hinter seine bereits öffentlich signa­li­sierte Kompro­miss­linie zurück­fällt. Da erweist sich so manche Erklärung zum Erhalt des öffentlich-recht­lichen Rundfunks als reines Lippen­be­kenntnis, wenn man jetzt faktisch seine Abschaffung im Internet fordert, um sich publi­zis­ti­scher Konkurrenz zu entle­digen. Auch die wiederholt und wider besseren Wissens vorge­tragene Forderung, die Öffentlich-Recht­lichen sollen künftig verpflichtet werden, auf Werbung zu verzichten, ist wenig zielführend. Es ist bekannt, was das für die Gebüh­ren­ent­wicklung bedeuten würde.“

Die Erklärung des VDZ im Wortlaut:

ARD und ZDF lenken von der Notwendigkeit einer ordnungspolitischen Grundsatzdebatte ab

Zeitschrif­ten­ver­leger bekräf­tigen die Forderung nach tragfä­higem Zukunfts­konzept der Medien­ordnung

Der VDZ Verband Deutscher Zeitschrif­ten­ver­leger sieht sich nach den Reaktionen von ARD und ZDF auf die heute veröf­fent­liche „Münchner Erklärung“ deutscher Verleger in seiner Sorge um die Zukunfts­fä­higkeit der Rundfunk­ordnung in Deutschland bestätigt. „Offen­sichtlich hat die von deutschen Verlagen getragene Forderung nach einer grund­sätz­lichen Neuaus­richtung der Medien­po­litik sowie nach konkreten Verbes­se­rungen im 12. Rundfunk­än­de­rungs­staats­vertrag die öffentlich-recht­lichen Sender in ihrem Nerven­zentrum getroffen. Sonst würden sie jetzt in ihren Reaktionen nicht zu den altbe­kannten Nebel­kerzen greifen, um von dem Kern der Debatte abzulenken“, meint VDZ-Geschäfts­führer Wolfgang Fürstner. „Mit unseren Forde­rungen zielen wir sehr wohl auf den richtigen Adres­saten, das belegt unter anderem die Umwidmung der digitalen ZDF-Kanäle – Manöver, mit denen die öffentlich-recht­lichen Sender bereits jetzt dafür sorgen, dass die vorge­se­henen Regelungen des 12. Rundfunk­än­de­rungs­staats­ver­trags zur reinen Makulatur verkommen.

Die Presse­er­klärung von Wolfgang Börnsen, kultur- und medien­po­li­ti­scher Sprecher der CDU/CSU-Bundes­tags­fraktion, im Wortlaut:

Börnsen: Medienvielfalt in Deutschland muss Maßstab bleiben

    Berlin (ots) – Anlässlich der Veröf­fent­li­chung der "Münchner Erklärung" deutscher Verleger erklärt der kultur- und medien­po­li­tische Sprecher der CDU/CSU-Bundes­tags­fraktion, Wolfgang Börnsen (Bönstrup) MdB:

    Die CDU/CSU-Bundes­tags­fraktion sieht die Zeitungs- und Zeitschrif­ten­ver­leger als unver­zicht­baren Garanten für Meinungs­vielfalt in Deutschland. Daher begrüßt sie, dass sich namhafte deutsche Verlags­ma­nager und Verleger in ihrer "Münchner Erklärung" für ein faires Mitein­ander von öffentlich-recht­lichem und privatem Rundfunk sowie freier, unabhän­giger Presse einsetzen. Sie handeln damit verant­wor­tungs­be­wusst. Mit der Digita­li­sierung wird die bisher bestehende weitge­hende Balance der Meinungs­vielfalt in der Bundes­re­publik Deutschland gefährdet. Deshalb muss der Gesetz­geber für neue faire Rahmen­be­din­gungen sorgen.

    Wir wollen die Zukunfts­fä­higkeit einer Medien­land­schaft der Vielfalt in Deutschland gesichert wissen. Dafür ist ein gerechter Inter­es­sen­aus­gleich zwischen der Bestands- und Entwick­lungs­ga­rantie des öffentlich-recht­lichen Rundfunks einer­seits und den berech­tigten kommer­zi­ellen Bedürf­nissen der privaten TV- und Hörfunk­an­bieter und der Verleger anderer­seits notwendig.

    Deshalb ist es berechtigt, die Medien­an­gebote der öffentlich-recht­lichen Rundfunk­an­stalten daraufhin zu überprüfen, wie komplett frei von Werbung sie sind und ob sie auf jede Form der kommer­zi­ellen Finan­zierung verzichten. Gebüh­ren­fi­nan­zierung und Werbung schließen sich im Prinzip aus. Die Öffentlich-Recht­lichen sollten eine sog. Elektro­nische Presse im Internet nur anbieten, wenn sich die Texte direkt auf Sendungen im Fernsehen oder Radio beziehen. Auch ist es sinnvoll, dass sie sich bei Unter­hal­tungs­an­ge­boten im Netz eindeutig einschränken und dafür eine Garantie vorlegen. Wir begrüßen, dass der Spielraum der Öffentlich-Recht­lichen in den Bereichen Bildung, Kultur, Infor­mation und Unter­haltung für Kinder größer sein wird, weil sie hier eine entschei­dende Rolle für die Garantie der Vielfalt und Qualität einnehmen. Junge Medien­teil­nehmer verlangen eine eigene Ansprache.

    Es gilt, mit dem 12. Rundfunk­än­de­rungs­staats­vertrag den goldenen Mittelweg zwischen den Vorgaben aus Brüssel und Karlsruhe zu finden. Wenn ARD und ZDF ihren Funkti­ons­auftrag erfüllen, sich aber gleich­zeitig an den gesetzten Rahmen halten, dienen sie der publi­zis­ti­schen Vielfalt am besten.