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Produzentenallianz-Chef Christoph Palmer: Es geht um Europas Filmkultur / Geschätzte 25 Prozent Film-Etat könnte wegfallen / Blauäugige Betrachtung

Update (21.11./12:44h): Das Interview ist nun online frei zugänglich: Für Europas Filmpro­du­zenten steht alles auf dem Spiel

In einem ausführ­lichen Gespräch mit Michael Hanfeld im Feuil­leton der Frank­furter Allge­meine Zeitung heute, äußert sich Christoph Palmer, Geschäfts­führer der Allianz Deutscher Produ­zenten – Film & Fernsehen (Produ­zen­ten­al­lianz) zu der heute im Rechts­aus­schuss des Europäi­schen Parla­ments anste­henden Novel­lierung der sogenannten SatCab-Verordnung, die festhalte, bei der es um die Regelungen der Verbreitung von Film und Fernsehen per Satellit, Kabel und im Netz gehe. Bei dieser Novel­lierung stünde für Europas Produ­zenten alles auf dem Spiel, daher wende sich die Produ­zen­ten­al­lianz dagegen. Palmer betont eingangs: "Filme werden in Europa indivi­duell maßge­fertigt nach Sprach- und Länder­tra­di­tionen, folge­richtig durch einzelne Lizenz­er­tei­lungen refi-nanziert." Er plädiert im Gespräch mit der Tages­zeitung dafür, dass der Ausschuss die Verwer­tungs­ab­folge und damit die Vertriebs- und Vermark­tungs­chancen der Filmpro­duktion in Europa erhalte.
Auszüge aus dem Interview mit Michael Hanfeld finden Sie im folgenden. Das vollständige Interview finden Sie in der  heutigen Ausgabe der FAZ (Ausgabe Nr. 270 vom 21.11.2017, S. 15, Feuil­leton).
Auf die Frage, warum durch einen Fall des Terri­to­ri­a­li­täts­prinzips die Vielfalt der Programme bedroht sei, antwortet Palmer: "Gestufte Lizenz­er­teilung nach Ländern sind für europäische Produ­zenten unver­zichtbar. Nur so können sie nach dem „Baukas­ten­prinzip“ ihre Filme finan­zieren. Kann das nicht mehr statt­finden, kommt insbe­sondere der europäische Kinofilm in die Existenz­krise, mit den Produ­zenten und ihren unter­schied­lichen Erzähl­stilen verschwin-det Vielfalt. Am Ende steht ein kultu­relles Einerlei, das auch die Befür­worter der SatCab-Verordnung nicht als Ziel haben werden. Es wird zu Massenware kommen, weil nur noch für einen fiktiven europäi­schen Mehrheits­ge­schmack produ­ziert würde. Der aktuelle Appell von mehr als 400 führenden europäi-schen Kreativen, ein Schul­ter­schluss der ganzen Branche, zeigt die Dimension der Entscheidung auf." Zur Frage der Refinan­zierung von Filmen und Serien inter­na­tional erläutert Palmer, dass man zunächst die Genre­un­ter­schei­dungen machen müsse, aber beispiels­weise beim Kinofilm einen Etat mit Sendern, Förde­rungen und Eigen­mitteln der Firmen zusam­men­tragen müsse. Dazu käme "in der Regel ein Drittel der Finan­zierung" direkt aus Lizenz­ver­käufen in unzählige Länder.." Immer wichtiger werde dabei die Lizen­zierung auf Video on Demand, betont Palmer und das sei "angesichts der abneh­menden Bedeu-tung linearer Zuschau­er­ge­wohn­heiten unmit­telbar einleuchtend." Ca. 25 Prozent eines Film-Etats könnten wegfallen, bei einer Strei­chung des Terri­to­ri­al­prinzips, schätzt Palmer ein. Das könne von der EU nicht gewollt sein, denn dies sei "das Gegenteil dessen, was auch die EU-Förder­pro­gramme „Creative Europe“ fördere.
 Weiterhin betont Palmer zu der Möglichkeit, dass als Ausgleich für den Wegfall des Terri­to­ri­al­prinzips "entspre­chende Verträge zwischen den Sendern und den Produ­zenten für einen Ausgleich sorgen könnten als "blauäugig". Palmer konkreter: "Volle Vertrags­freiheit besteht unter Gleichen. Die Produ­zenten sind gegenüber den in aller Regel kofinan­zie­renden Sendern in einer zumeist hoffnungslos schwä­cheren Position, vor allem die kleinen und mittleren. Sie sind darauf angewiesen, dass Sender ihre Produk­tionen in Auftrag geben oder mitfi­nan­zieren. Wie sollen sie, außer bei extrem erfolg­reichen Ausnahmen, die Macht haben, auf Augenhöhe Verträge abzuschließen oder Online-Rechte zu verweigern? Hart formu­liert: Diese Argumen­tation zeugt von großer Ahnungs­lo­sigkeit von der Realität des filmi­schen Produ­zierens."
Palmer diffe­ren­ziert weiter, dass es im Bereich der Auftrags­pro­duk­tionen aus seiner Sicht "überhaupt keine Spiel­räume für Änderungen" gäbe. Bei sogenannten vollfi­nan­zierten Auftrags­pro­duk­tionen der Sender im TV-Bereich – und dies sei das Gros der Produk­tionen – werde aktuell eine Erlös­be­tei­ligung für Produ­zenten von bis zu zwanzig Prozent bezahlt, gerade in Europa und insbe­sondere "durch Auslands- und VoD-Rechte" zustande kommend. Diese zäh von den Sendern errungene Betei­ligung würde "nahezu komplett ins Leere" laufen, so das Terri­to­ri­al­prinzip in ein Ursprungs­land­prinzip geändert würde. Es geht um Europas Filmkultur

Bitte beachten Sie dazu auch unsere Presse­mit­teilung vom 21. November 2017:
Rechts­aus­schuss des Europäi­sches Parla­ments stimmt für weitge­hende Erhaltung des Terri­to­ri­al­prinzips