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Pressemitteilung

Umfrage zu Kostensteigerungen bescheinigt: trotz guter Auftragslage keine wirtschaftliche Erholung für Film- und Fernsehbranche

  • Kosten­an­stieg von durch­schnittlich 15 % belastet Film- und TV-Branche
  • Wesent­liche Kosten­treiber sind neben den hohen Perso­nal­kosten zuvor­derst gestiegene Preise für Energie und Material
  • Auftrag­geber übernehmen nur knapp ein Viertel der Mehrkosten

Berlin, den 15.12.2022 – Auch in der Film- und Fernseh­branche sind in diesem Jahr die gestie­genen Kosten das beherr­schende Thema. Die aktuelle Herbst­um­frage der Allianz Deutscher Produ­zenten – Film und Fernsehen e.V. (kurz: Produ­zen­ten­al­lianz) zur Kosten­ent­wicklung innerhalb der Branche zeigt: Langfristige Trends, wie der Fachkräf­te­mangel und Inves­ti­tionen in nachhal­tiges Produ­zieren, trafen 2022 mit den Folgen unvor­her­ge­se­hener Ereig­nisse zusammen und stellen die Produk­ti­ons­un­ter­nehmen vor noch größere Heraus­for­de­rungen als dieje­nigen, die bereits in den Vorjahren unter den Bedin­gungen der Corona-Pandemie zu bestreiten waren.

Bei fast allen Produk­ti­ons­un­ter­nehmen (94 % der Teilneh­menden) sind im abgefragten Zeitraum zwischen Januar 2019 und Juni 2022 die Produk­ti­ons­kosten gestiegen, im Mittel um 15 %. Bei fiktio­nalen Produk­tionen war die Steigerung höher als bei Produk­tionen aus dem Non-Fiction-Bereich.

Die Perso­nal­kosten sind laut der befragten Produk­ti­ons­un­ter­nehmen einer der maßgeb­lichen Kosten­treiber. Diese haben sich in nahezu jedem Bereich erhöht, sodass beispiels­weise nicht nur Aufnahme- und Produk­ti­ons­leitung höhere Vergü­tungen von durch­schnittlich 15 % erhalten, sondern etwa auch Regieassistent:innen und Szenenbildner:innen.

Prof. Dr. Oliver Castendyk, Wissen­schaft­licher Direktor der Produ­zen­ten­al­lianz, zu den Ursachen für den Kosten­an­stieg: „Die hohe Auslastung der deutschen Filmpro­duk­ti­ons­wirt­schaft und der sich überall in Deutschland, auch in der Film- und Fernseh­in­dustrie, verstär­kende Perso­nal­mangel hat die Gagen in den letzten Jahren in die Höhe getrieben. In Folge des Angriffs­krieges in der Ukraine sind Liefer­ket­ten­schwie­rig­keiten und explo­die­rende Energie­kosten zu weiteren Heraus­for­de­rungen geworden – gerade auch für die Produk­ti­ons­un­ter­nehmen. Das bestätigt unsere Herbst­um­frage: Unter den Sachkosten sind vor allem die Energie- und Materi­al­kosten stark angestiegen. Auch wenn die Film- und Fernseh­branche kein sehr energie­in­ten­siver Wirtschafts­be­reich ist, fallen durch die massiven Steige­rungen der Energie­preise auch diese Kosten sehr stark ins Gewicht. Nicht zuletzt auch deshalb, weil sich diese auf andere Budget-relevante Kosten auswirken, wie z.B. Reise-, Übernach­tungs- und Catering-Kosten.“

Setbau-Kosten nehmen – besonders mit Blick auf fiktionale Produk­tionen und TV-Shows – ebenfalls einen bedeu­tenden Teil der Produk­ti­ons­kosten in Anspruch. Durch­schnittlich sind 10 bis 15 % des Budgets für das Szenenbild realis­tisch, davon fallen etwa 50 % für den Setbau an. Die hohe Steige­rungsrate ergibt sich zuvor­derst aus Liefer­schwie­rig­keiten bei den Bauma­te­rialien. Hervor­zu­heben ist in diesem Zusam­menhang vor allem die Knappheit von Holz.

Die Umfrage zeigt weiter, dass die Kosten­stei­ge­rungen in den letzten zweieinhalb Jahren nur zu 24 % von den Auftrag­gebern übernommen wurden. Dazu Björn Böhning, Geschäfts­führer der Produ­zen­ten­al­lianz: „Obwohl das kaufmän­nische Modell einer TV-Auftrags­pro­duktion darin besteht, dass der Auftrag­geber die Herstellung des beauf­tragten Programms finan­ziert, bleiben die Produzent:innen auf einem großen Teil der Mehrkosten sitzen. Kosten werden selbst in denje­nigen Bereichen nur partiell übernommen, die den Fernseh­sendern selbst ein wichtiges Anliegen sind, etwa bei den Hygie­ne­kosten zur Verhin­derung von Corona-Anste­ckungen am Set oder mit Blick auf die Kosten für ökolo­gi­scheres Produ­zieren. Hier wünschen wir uns Fairness. Die gestie­genen Kosten dürfen nicht einseitig auf Produk­ti­ons­un­ter­nehmen abgewälzt werden.“

Das Resultat ist ernüch­ternd: Trotz guter Auftragslage fällt mehr als die Hälfte der Unter­nehmen der Produ­zen­ten­al­lianz mit ihren Umsatz­ren­diten in die Segmente unter 0 %, bis 2,5 % und bis 5 % und damit in einen Bereich, der keine oder kaum Eigen­ka­pi­tal­bildung ermög­licht. Diese prekäre Lage vieler Produk­ti­ons­un­ter­nehmen wird langfristige Auswir­kungen auf die Vielfalt und Größe des deutschen audio­vi­su­ellen Produk­ti­ons­markts haben.

 

Die Herbst­um­frage ist die jährliche Mitglie­der­be­fragung der Allianz Deutscher Produ­zenten – Film & Fernsehen. Sie wird seit 2009 durch­ge­führt. Innerhalb der diesjäh­rigen Umfrage wurden wirtschaft­liche Daten für Zeiträume zwischen dem 01.01.2019 und dem 30.06.2022 sowie Daten und Einschät­zungen für das laufende und das kommende Jahr abgefragt.

Der inhalt­liche Schwer­punkt lag dabei auf der Kosten­ent­wicklung innerhalb der Film- und Fernseh­branche.

Befragt wurden 315 Mitglieder der Produ­zen­ten­al­lianz im Zeitraum zwischen dem 27.10. und 18.11.2022. Von der Grund­ge­samtheit von 315 Unter­nehmen haben 129 Unter­nehmen vollständig teilge­nommen (41 %). Ohne Werbefilmproduzent:innen lagen die Rücklauf­quoten noch höher (bei „Fiction“ bei 49 % und bei „Non-Fiction“ bei 64 %).

Die Zusam­men­fassung zur Herbst­um­frage ist hier abrufbar. Hinter­grund­in­for­ma­tionen zum Fachkräf­te­mangel in der Film- und TV-Branche finden Sie hier.