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ARD Eckpunkte 2.0: „Ein Quantensprung“

Die „Eckpunkte für ausge­wogene Vertrags­be­din­gungen und eine faire Aufteilung der Verwer­tungs­rechte“, zu denen sich die ARD jetzt verpflichtet hat, sind ein Quanten­sprung für die Geschäfts­be­din­gungen der deutschen Fernseh­pro­du­zenten. Durch sie wird eine stärke Betei­ligung der Produ­zenten an der erfolg­reichen Verwertung ihrer Filme, Serien, Shows und Dokumen­ta­tionen möglich. Warum das dringend nötig war und was die „Eckpunkte 2.0“ beinhalten, erläutert Dr. Christoph E. Palmer, Geschäfts­führer der Produ­zen­ten­al­lianz, in einem Gastbeitrag in epd Medien Nr. 9/2016, den wir hier im Wortlaut wieder­geben.

Ein Quantensprung

Die „Eckpunk­te­ver­ein­barung“ aus Sicht der Produ­zenten / Von Christoph Palmer

An praktisch jedem Tag sind die von deutschen Fernseh­pro­du­zenten herge­stellten Programme die meist­ge­se­henen in diesem Land. Zwar werden die quoten­starken Sport­er­eig­nisse nicht in diesem Sinne „produ­ziert“, und Nachrich­ten­sen­dungen und Magazine sind Eigen­pro­duk­tionen der Sender. Aber all die Dauerhits – von „Tatort“ und „Polizeiruf 110“ über „In aller Freund­schaft“ bis zu „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“, von „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“ über „Wer wird Millionär“ bis „Bauer sucht Frau“ – sind Produkte der heimi­schen Produk­ti­ons­wirt­schaft, von den „Einzel­stücken“ ganz zu schweigen.

Auch die Sendungen, die für die Öffentlich-Recht­lichen durch ihren Programm­auftrag entschei­dender Teil ihrer DNA sind, kommen zum größten Teil von deutschen Produ­zenten: von populären Doku-Formaten wie „Terra X“ über Dokumen­tar­filme zur Vertiefung fiktio­naler Events oder Themen­schwer­punkte bis hin zu hinter­grün­digen politi­schen Dokumen­ta­tionen.

Dafür wird viel Geld ausge­geben: 2014 haben allein die ARD-Landes­rund­funk­an­stalten und die Degeto 707 Millionen Euro in Auftrags­pro­duk­tionen inves­tiert. Und doch klagt die Produk­ti­ons­wirt­schaft seit Jahren, dass es vorne und hinten nicht reicht – was stimmt: Die letzte Mitglie­der­be­fragung der Produ­zen­ten­al­lianz im Herbst 2015 hat unter anderem ergeben, dass sich die Zahl der defizitär wirtschaf­tenden Fernseh­pro­du­zenten im Vergleich zum Vorjahr von acht auf 22 Prozent fast verdrei­facht hat: fast jedes vierte Unter­nehmen schreibt derzeit Verluste. Und das in einer Zeit, in der gerade bei den audio­vi­su­ellen Medien Innova­tionen immer wichtiger werden.

Das alther­ge­brachte System des linearen Fernsehens wird von neuen Programm­an­bietern – Stichwort Netflix & Co. – aufge­brochen, in Zukunft werden die Zuschauer ihre Programme immer mehr auf den verschie­densten Online-Platt­formen finden. Für die Produ­zenten bedeutet das, neue Erzähl- und Präsen­ta­ti­ons­formen entwi­ckeln und immer aufwen­diger herstellen zu müssen. Das Bewährte einfach fortzu­schreiben, reicht nicht mehr aus. Aber Unter­nehmen, die system­be­dingt kaum Rücklagen bilden können, mit denen experi­men­tiert, probiert und Neues erfunden werden kann, können in diesem immer inter­na­tio­naler werdenden Wettbewerb nicht bestehen.

Warum aber können Fernseh­pro­du­zenten in Deutschland bislang kaum Rücklagen bilden, kein Inves­ti­ti­ons­vo­lumen schaffen? In anderen Branchen, die ebenfalls innova­ti­ons­ge­trieben sind, sind deutsche Unter­nehmen ja nicht nur national, sondern auf der ganzen Welt führend. Und schließlich ist der deutsche Fernseh­markt einer der weltweit größten. Der Grund ist nur histo­risch zu erklären.

„Vollfi­nan­zierte Auftrags­pro­duktion“

In der Frühzeit des deutschen Fernsehens ab Anfang der 50er Jahre gab es nur eines, mit dem Zweiten Deutschen Fernsehen ab 1963 zwei Fernseh­pro­gramme, deren Sende­be­trieb am frühen Abend begann und oft vor Mitter­nacht endete. Vormittags gab es noch Schulfunk, ansonsten wurde ein Testbild gesendet, insgesamt vielleicht zwölf, vierzehn Stunden Fernsehen am Tag.

Anfangs produ­zierten die Sender alles selbst, zunehmend wurden aber auch Aufträge an externe Produ­zenten gegeben. Während heute der Produzent auch maßgeblich für die Stoff­ent­wicklung zuständig ist, lag die Entwicklung der Stoffe in der Frühzeit bei den Redak­tionen der Sender; beauf­tragt wurde damals nur die Produk­ti­ons­durch­führung. In dieser Zeit hat sich das Modell der „vollfi­nan­zierten Auftrags­pro­duktion“ etabliert und ist bis heute Standard in Deutschland geblieben. Dabei kalku­liert der Produzent alle Kosten der Produktion – von den Gagen für Cast und Stab bis zu Studio­mieten, Geräte­kosten oder Gebühren für Drehge­neh­mi­gungen.

Die vom Auftrag­geber anerkannten Kalku­la­ti­ons­posten ergeben das Budget, auf das der Produzent Zuschläge für Gewinn und Gemein­kosten (HU) erhält. Das Problem dabei: Nicht alle Positionen wurden vom Auftrag­geber anerkannt, zum Beispiel Entwick­lungs­kosten, manche Berufs­bilder, Rechts­be­ratung, Überstun­den­zu­schläge oder die überta­rif­liche Bezahlung bestimmter Stabmit­glieder. Diese Differenz muss der Produzent aus seinem Gewinn- und HU-Anteil decken. Und: Gedeckt sind nur die Herstel­lungs­kosten – als würde sich der Wert eines Gemäldes nur aus den Kosten für Farbe und Leinwand zusam­men­setzen.

Die sogenannte vollfi­nan­zierte Auftrags­pro­duktion (die, wie wir gesehen haben, gar nicht vollfi­nan­ziert ist) folgt – noch ein Fachbe­griff – dem „Total-Buy-Out“-Prinzip: Der Produzent gibt gegen die Beauf­tragung der Produktion alle Rechte für alle Zeiten an den Auftrag­geber ab, der die Produktion dafür beliebig verwerten kann. Das war in der Anfangszeit kein großer Nachteil, schließlich gab es nur sehr wenig Sendezeit und ansonsten höchstens noch die Möglichkeit, die Produktion gelegentlich ins Ausland zu verkaufen.

Sendezeit ist kein knappes Gut mehr

Heute sieht die Medienwelt bekanntlich anders aus: Seit der Einführung des Dualen Rundfunk­systems in den 80er Jahren des 20. Jahrhun­derts, durch die Verbreitung über Kabel und schließlich die Digita­li­sierung ist die Zahl der Sender explo­diert. Seit den 80er Jahren gibt es für Privat­haus­halte zudem die Möglichkeit, Filme auszu­leihen oder zu kaufen – zuerst auf Video­kas­setten, dann auf DVD und jetzt auch auf Blu-Ray-Discs. Mit Hunderten Millionen verkaufter Daten­träger war das sozusagen das erste Kapitel der Relati­vierung des linearen Fernsehens.

Prognosen, nach denen das lineare Fernsehen über kurz oder lang ganz verschwinden wird, sind sicher überzogen, aber die Online-Verbreitung audio­vi­su­eller Medien steht bei den jüngeren Zuschauern schon heute mindestens gleich­be­rechtigt daneben und wird dies mittel­fristig auch bei den Älteren tun.

Sendezeit ist also heute, anders als vor 70 Jahren, kein knappes Gut mehr, allein über DVB-T können über 40 Sender empfangen werden, bei digitalen Kabel- oder Glasfa­ser­an­schlüssen geht die Zahl der Programme in die Hunderte, die Zahl der Sende­stunden in die Tausende. Pro Tag. Und dazu kommen noch die Online- Abruf­dienste, deren schon heute recht starke Nutzung bis 2020 um das sieben­fache auf eine halbe Milliarde Abrufe steigen soll.

Dadurch ist notwen­di­ger­weise auch die Nutzung der Inhalte explo­diert, die sich Rechte­inhaber teuer bezahlen lassen können. Die deutschen Produ­zenten sind aber in der Regel keine Rechte­inhaber. Sie mussten, um den Produk­ti­ons­auftrag überhaupt zu bekommen, auf alle Rechte verzichten und können diese folglich weder als Sicherheit für Kredite einsetzen noch bilan­ziell abbilden oder sich gar auf eigene Rechnung um zusätz­liche Erlöse kümmern. Zwar sind sie es, die die Filme, Serien, Dokumen­ta­tionen und Shows meistens initi­ieren und immer herstellen, Vermö­gens­werte hingegen können sie damit genauso wenig schaffen wie eine gerade für innovative und kreative Entwick­lungen unabdingbare Eigen­ka­pi­tal­decke.

Verschwendung von Programm­ver­mögen

Immerhin werden die Produ­zenten seit den früheren Eckpunkten, die die Produ­zen­ten­al­lianz in den Jahren 2009 bis 2013 mit ARD und ZDF vereinbart hat, an den Vertriebs­er­lösen beteiligt – beim ZDF sogar schon früher -, aber eine Zweit­ver­wertung selbst in die Hand nehmen konnten sie im Normalfall nicht. Und weil das Kernge­schäft der Sender das Senden ist, nicht aber die weitere Vermarktung und Zweit­ver­wertung, ruht der größte Teil des Programm­ver­mögens in Deutschland ungenutzt in den Archiven. Welch eine Verschwendung!

Mit den „Eckpunkten für ausge­wogene Vertrags­be­din­gungen und eine faire Aufteilung der Verwer­tungs­rechte“, zu denen sich die ARD jetzt verpflichtet hat, wird es für Produ­zenten in Zukunft sehr viel leichter, mit Rechten an der eigenen Produktion Werte zu schaffen und sich damit in die Lage zu versetzen, im Fernseh­markt der Zukunft ein starker Akteur zu sein. Daneben passt sie die kalku­la­ti­ons­fä­higen Berufs­bilder und andere Kosten­po­si­tionen den Erfor­der­nissen der Gegenwart an. Deshalb sind die „Eckpunkte 2.0“ ein Quanten­sprung für die Geschäfts­be­din­gungen der deutschen Fernseh­pro­du­zenten.

Der endgül­tigen Formu­lierung dieser „Eckpunkte 2.0“ sind über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren intensive, schwierige, teilweise kontro­verse aber immer konstruktive Konsul­ta­tionen zwischen der ARD und der Produ­zen­ten­al­lianz voraus­ge­gangen, die, wie wir heute sehen können, am Ende erfolg­reich waren. Ohne die Verhand­lungs­führung von MDR-Inten­dantin Karola Wille, assis­tiert von der stell­ver­tre­tenden WDR-Inten­dantin Eva-Maria Michel und Degeto-Geschäfts­füh­rerin Christine Strobl sowie fachlich engagiert unter­stützt von Helfried Spitra (WDR) und Michael Reusch (SWR) wäre es nie zu dieser neuen Magna Carta der Fernseh- Auftrags­pro­duktion in Deutschland gekommen.

Die Eckpunkte 2.0 stellen die Rahmen­be­din­gungen der Auftrags­pro­duk­tionen für die ARD-Landes­rund­funk­an­stalten und die Degeto auf eine neue Basis. Sie gelten für die Genres Fiktion, Unter­haltung und Dokumen­tation und umfassen im Wesent­lichen alle Programme der ARD – insbe­sondere auch die Dritten.

Wachs­tums­per­spektive

Erstmals in der Geschichte der Auftrags­pro­duktion in Deutschland kann der Produzent jetzt durch­setzen, durch Mitfi­nan­zierung Rechte zu erwerben, die er selbst verwerten kann. Dafür wurde ein „Schich­ten­modell“ mit eindeutig definierten „Put“- und „Call“-Elementen entwi­ckelt, mit dem Sender und Produ­zenten anhand eines einheit­lichen Katalogs Korridore für eine faire Aufteilung von Verwer­tungs­rechten an der konkreten Produktion bestimmen können. Während der Auftrag­geber „Put-Rechten“ wie zum Beispiel für Pay-TV im deutsch­spra­chigen Raum nach der TV-Erstaus­strahlung oder Neben­rechten wie Druck, Phono oder Merchan­dising usw. explizit zustimmen muss, gibt es eine Reihe von „Call-Rechten“, die der Produzent gegen Finan­zie­rungs­be­tei­ligung für sich beanspruchen kann. Dazu gehört zum Beispiel die Auswertung im deutsch­spra­chigen und sonstigen Ausland, Video-on-Demand-Rechte oder auch Wieder­ver­fil­mungs­rechte, sogenannte Format­rechte.

Das Vorgehen: Beide Seiten verstän­digen sich projekt­in­di­vi­duell auf eine Bemessung der einzelnen Schichten, die einzeln oder kombi­niert sein können. Am Ende ergibt sich daraus der Mitfi­nan­zie­rungs­anteil des Produ­zenten, für den übrigens nicht relevant ist, aus welchen Quellen er stammt. So kann die Mitfi­nan­zierung auch aus Vertriebs­ga­rantien oder Eigen­mitteln gespeist werden. Die Aktivierung des Schich­ten­mo­dells wird dem seit langem gesät­tigten und damit stagnie­renden deutschen Auftrags­pro­duk­ti­ons­markt endlich eine Wachs­tums­per­spektive eröffnen, neue Markt­kräfte entfalten, Verwer­tungs­dy­namik entfesseln, unter­neh­me­ri­sches Denken belohnen und eine Parti­zi­pation an neuen Märkten national und inter­na­tional ermög­lichen.

Die Eckpunkte 2.0 regeln auch, dass die ARD künftig zahlreiche Kalku­la­ti­ons­posten anerkennen wird, die bislang von den Produ­zenten selbst finan­ziert werden mussten. Rund zehn neue Berufs­bilder wie beispiels­weise Producer, Headautor bei fiktio­nalen Serien oder Datawrangler bei dokumen­ta­ri­schen HD-Produk­tionen sowie etwa projekt­be­zogene Rechts­be­ratung und Archiv­arbeit werden damit kalku­la­ti­ons­fähig. Zudem erklärt sich die ARD künftig bereit, für die „Heads of Department“ (Stabgagen wie Kamera, Schnitt, Szenen­bildner), die in aller Regel überta­riflich vergütet werden, zukünftig mit den effek­tiven Gagen zu kalku­lieren. Ebenso entfallen bei Honoraren zum Beispiel für Schau­spieler künftig Kappungs­grenzen, und auch die Mehrkosten für zwei Überstunden pro Tag und Feiertags- und Nacht­zu­schläge werden künftig kalku­lierbar.

Dazu kommt, dass die Eckpunkte 2.0 ein syste­ma­ti­sches Leistungs­modell enthalten. Das honoriert einer­seits heraus­ra­gende und presti­ge­trächtige Auszeich­nungen und Nominie­rungen bei natio­nalen und inter­na­tio­nalen Film- und Fernseh­fes­tivals oder Filmpreisen. Gleich­zeitig zählt auch die programm­liche Nutzung – also die Wieder­ho­lungen – auf den verschie­denen ARDPlatt­formen: Produ­zenten werden also erstmals für den Programm­erfolg ihrer Filme honoriert. Für die jeweils besten zehn Produk­tionen eines Jahres in den Genres Spiel-/Fern­sehfilm, Dokumen­tarfilm (ab 60 Minuten), Dokumen­tation, Serie (mindestens 6 Folgen), „große“ Unter­haltung (ab 46 Minuten), „kleine“ Unter­haltung (bis 45 Minuten) und Kinder/Animation wird es Prämien zwischen 10.000 Euro und 100.000 Euro für einen neuen zweck­ge­bun­denen Entwick­lungs­vertrag für ein neues ARD-Projekt geben. Das Gesamt­vo­lumen beträgt 3,2 Mio. Euro pro Jahr.

Ein vierter Themen­komplex, der erstmals geregelt wurde, betrifft Ausschrei­bungen („Pitches“). Beteiligt sich ein Produzent an so einer Ausschreibung, erzeugt das bei ihm Kosten häufig im fünfstel­ligen Bereich, Kosten, auf denen er sitzen­bleibt, wenn er den Pitch nicht gewinnt. Die „7 Regeln für einen guten Pitch“ aus den Eckpunkten 2.0 regeln neben der Erstattung von Pitching­kosten die Zahl der Teilnehmer, ein trans­pa­rentes Prozedere und den Ideen­schutz.

Erheb­liche Mehrkosten

Nicht ganz zufrie­den­stellend ist die neue Regelung zur Betei­ligung der Produ­zenten an den Erlösen, die der Auftrag­geber mit ihren Werken macht. Nach 50 Prozent an den Netto­er­lösen sollen den Produ­zenten jetzt 16 Prozent der Brutto­erlöse zustehen. Wir meinen, dass diese Aufteilung nicht sachge­recht ist. Deshalb gilt diese Regelung zunächst nur für ein Jahr und wird zum 1. Januar 2017 neu evaluiert.

Durch die Eckpunkte 2.0 entstehen nicht unerheb­liche Mehrkosten für die ARD: etwa 50 Millionen Euro pro Jahr, die derzeit in keinem Programmtopf zur Verfügung stehen und erst von der Kommission zur Ermittlung des Finanz­be­darfs der Rundfunk­an­stalten (KEF) anerkannt werden müssen. Daher wurden sie von der ARD im Paket für die nächste Gebüh­ren­pe­riode (2017-2020) bei der KEF angemeldet: 200 Millionen Euro. Aus diesem Grund gelten die entspre­chenden Regelungen erst ab 2017 und unter dem Vorbehalt, dass die KEF diese Bedarfs­an­meldung auch berück­sichtigt. Hinzu kommt die lineare Steigerung der Rundfunk-Teuerung von gut 2 Prozent um rund 15 Millionen Euro pro Jahr, die die ARD ebenfalls bei der KEF angemeldet hat. Wir sind sehr zuver­sichtlich und vernehmen Signale, dass die Programm-Mehrauf­wen­dungen akzep­tiert werden.

Umwidmung von Programm­mitteln

Ein wichtiges Thema im Zusam­menhang mit der Bedarfs­an­meldung bei der KEF bleibt, dass in Zukunft keine Umwidmung von Programm­mitteln für andere Bereiche mehr erfolgen darf. Im 19. KEF-Bericht von Februar 2014 hatte die Kommission festge­stellt, dass die ARD in der Gebüh­ren­pe­riode 93,4 Mio. Euro und das ZDF sogar 142,2 Mio. Euro, die für Programm genehmigt wurden, ander­weitig verwendet hatten. In der Proto­kol­lerklärung zum 19. Rundfunk­än­de­rungs­staats­vertrag, heißt es jetzt: „Die Länder erwarten von ARD und ZDF, dass sie die von ihnen bei der KEF angemel­deten und von der KEF anerkannten Mittel für die Kategorie Programm­aufwand auch für diesen Zweck einsetzen.“ Die Produ­zen­ten­al­lianz wird im Dialog mit Politik, KEF und Rundfunk­an­stalten alles dafür tun, dass bewil­ligte Programm­mittel auch für das Programm zur Verfügung stehen.

Die Eckpunkte 2.0 sind ein komplexes und diffe­ren­ziertes Regelwerk, berück­sich­tigen Beson­der­heiten und müssen nun in allen Facetten gelebt werden. Dafür, dass sie nicht an Anwen­dungs­fragen scheitern, wird eine Schieds­stelle einge­richtet, die paritä­tisch mit Vertretern der ARD-Landes­rund­funk­an­stalten und der Produ­zen­ten­seite besetzt wird. Für die Position der neutralen Vertrau­ens­person haben sich ARD und Produ­zen­ten­al­lianz auf den sehr erfah­renen langjäh­rigen Hamburger Produ­zenten Ulrich Lenze verständigt. Die Schieds­stelle greift nicht in laufende Verhand­lungen ein, sondern befasst sich ex post mit konkret benannten grund­sätz­lichen Anwen­dungs­fragen der Eckpunkte. Dazu können Produ­zenten und ARD-Landes­rund­funk­an­stalten Probleme und grund­sätz­liche Fragen bei einer neutralen Vertrau­ens­person einreichen, die den Vorgang vor der Befassung anony­mi­siert und abstra­hiert.

Die „Eckpunkte für ausge­wogene Vertrags­be­din­gungen und eine faire Aufteilung der Verwer­tungs­rechte“ der ARD sind der bisher größte Reform-Schritt für die gesamte Fernseh-Auftrags­pro­duktion in Deutschland, denn selbst­ver­ständlich gelten die Eckpunkte 2.0 nicht nur für Unter­nehmen, die Mitglied der Produ­zen­ten­al­lianz sind, sondern für alle. Die ARD hat sich damit unter den Sendern in Deutschland bei der Moder­ni­sierung der Terms of Trade in die Pole-Position gebracht.

Wettbewerb um die besten Produ­zenten

Im zweiten Schritt hoffen wir, dass sich die entspre­chenden Gespräche mit dem Zweiten Deutschen Fernsehen ebenso fruchtbar entwi­ckeln und wir auch hier zu einer Regelung kommen, durch die das ZDF mit starken Produ­zenten auch in Zukunft das bestmög­liche Programm beauf­tragen kann.

Bei den privaten Sender­gruppen ProSiebenSat.1 und Medien­gruppe RTL Deutschland ist praktisch noch keine Bewegung bei den Terms of Trade mit den Produ­zenten zu erkennen. Vielleicht glauben diese wegen ihrer derzeit noch anhal­tenden Profi­ta­bi­lität, zeitgemäße allge­meine Geschäfts­be­din­gungen mit den Produ­zenten nicht so nötig zu haben. Nur Cash abzuholen, ist zu wenig – gerade die Privaten werden auf die Abwan­derung der Werbe-Etats ins Netz reagieren müssen, indem sie in Qualität und den besten Content inves­tieren. Der Markt wird sich ändern, es wird immer stärker ein Wettbewerb um die besten Produ­zenten entstehen, die pfiffigsten Ideen, die Akzeptanz beim Zuschauer. Darauf hat sich die ARD bereits jetzt einge­stellt. Chapeau!

Zum Gastbeitrag auf den Seiten von epd Medien: Die „Eckpunk­te­ver­ein­barung“ aus Sicht der Produ­zente: Ein Quanten­sprung (frei zugänglich)