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Pressemitteilung

Deutscher Produzententag 2015: „Superangebot an die Sender“

Berlin, 5. Februar 2015 – „Film und Fernsehen sind ein Kulturgut – das wissen wir. Wir müssen uns aber noch konse­quenter angewöhnen, Film und Fernsehen als Indus­trie­zweig zu betrachten.“ Das hat Staats­se­kretär Björn Böhning, Chef der Senats­kanzlei Berlin, in seiner Rede „Wandel als Chance: Für eine filmische Indus­trie­po­litik“ beim Deutschen Produ­zen­tentag 2015 erklärt. „Wir betreiben in unserem Land eine Indus­trie­po­litik für Chemie, für Maschi­nenbau oder für Energie­wirt­schaft. Wenn wir unsere Zukunfts­fä­higkeit als Indus­trie­standort sichern wollen, dann brauchen wir auch eine Indus­trie­po­litik für die Filmwirt­schaft.“ Ein Aspekt davon sei die Filmför­derung: „Klug und gut angelegtes Geld, eine Inves­tition in den Medien­standort Deutschland mit der Folge, dass erheb­liche Mittel als Steuer­ein­nahmen in die Haushalte zurück­fließen“, was auch jüngst wieder eine Studie zum DFFF nachge­wiesen habe. „Der DFFF leistet seit 2007 einen unver­zicht­baren Beitrag dazu, dass die deutsche Filmwirt­schaft und Filmkultur ihre Position im inter­na­tio­nalen Wettbewerb behaupten und ausbauen kann. Und mit seinen stand­or­tun­ge­bun­denen Zuschüssen hat er in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass der Rang und die Sicht­barkeit des deutschen Films deutlich gesteigert werden konnten. Umso ärger­licher ist es, dass diese positive Entwicklung nun durch die Kürzung der Bundes­mittel gefährdet wird.“ Regel­mäßige Evalu­ie­rungen durch das BKM, das Bundes­fi­nanz­mi­nis­terium und das Bundes­wirt­schafts­mi­nis­terium hätten gezeigt, dass die Förder­mittel wirtschaft­liche Anstoß­ef­fekte erzielt haben, die im Durch­schnitt bei etwa dem sechs­fachen der jewei­ligen Förderung liegen.

Zur Rolle des Fernsehens für die Filmwirt­schaft erklärte Böhning: „Mir ist bewusst, dass die Mittel der öffentlich-recht­lichen Rundfunk­an­stalten aus dem Rundfunk­beitrag für die Programm­be­schaffung begrenzt sind und auf absehbare Zeit nicht wesentlich erhöht werden können. Ärgerlich finde ich es aber, wenn die Rundfunk­an­stalten die ihnen von der KEF bewil­ligten Mittel für die Programm­be­schaffung zweck­ent­fremden und z.B. für die Deckung von Verwal­tungs­kosten ausgeben.“ Dies sei im 19. Bericht der Kommission zur Ermittlung des Finanz­be­darfs der Rundfunk­an­stalten dokumen­tiert. „Auf Seiten der Produ­zenten könnte der Eindruck entstehen, dass die Programm­kos­ten­an­sätze als Verschie­be­masse zum Ausgleich anderer Kosten genutzt werden.“

Zuvor hatte Alexander Thies, Vorsit­zender des Produ­zen­ten­al­lianz-Gesamt­vor­stands in seiner Eröff­nungsrede die Erfolge der deutschen Film- und Fernseh­pro­duktion heraus­ge­stellt: „Am Beginn dieses Jahres stehen in beson­derer Weise Erfolge unserer Produk­tionen. Ob im Kino – da macht ‚Honig im Kopf‘ dem ‚Hobbit‘ alle Konkurrenz, und sieben unserer Produk­tionen sind in den Top-20 der Kinocharts – ob im Fernsehen, wo die Serien, die Reihen, die Shows die quoten­stärksten Programme sind. Überall ist zu verspüren, dass die Resonanz auf unsere Produk­tionen keines­falls nachge­lassen hat.“ Es gebe aber „deutliche Diskre­panzen zwischen dem, was wir könnten, dem, was wir wollten und dem, was momentan möglich ist.“ Zusam­men­fasst könne man sagen, „dass immer weniger Geld im Markt ist, dass wir an den Erfolgen, an den zusätz­lichen Erlösen immer weniger beteiligt bleiben und dass wir an der Verviel­fa­chung der Nutzungs­mög­lich­keiten der Märkte nicht in der Weise mitspielen können, wie wir es denn gerne wollten. Und das erfüllt uns mit gewisser Sorge, aber auch Ungeduld.“

Angesichts sinkender Budgets bei den Sendern stellte Thies fest, dass man das Publikum nicht über einen Verzicht auf Inves­ti­tionen gewinne: „Attrak­tives Programm entsteht nur durch Mut und Inves­ti­tionen. Die Sender sind nur zusammen mit den Produ­zenten stark und erreichen nur zusammen das Niveau an Produk­tionen, mit dem wir das Publikum begeistern und halten können.“

Auch bei der Produ­zen­tentag-Podiums­dis­kussion „Der neue Rundfunk­staats­vertrag – Faire Vertrags­be­din­gungen für Produ­zenten“ ging es um die Mittel, die ARD und ZDF nicht für das Programm ausge­geben haben, obwohl es von der KEF ausdrücklich für Programm genehmigt wurde: 235,6 Millionen Euro. Darauf angesprochen, wies MDR-Inten­dantin Prof. Dr. Karola Wille darauf hin, dass die Abwei­chung im Wesent­lichen auf der günsti­geren Entwicklung der Teuerungs­raten basiere, wie die KEF in ihrem Bericht auch geschrieben habe. Dem entgegnete Dr. Marc Jan Eumann, Staats­se­kretär bei der Minis­terin für Bundes­an­ge­le­gen­heiten, Europa und Medien NRW, er habe von Produ­zenten gehört, dass es eher so sei, dass deren Preise gedrückt worden seien. Eumann machte den Vorschlag, dass die Sender im Rundfunk­staats­vertrag dazu verpflichtet werden sollten, die von der KEF für das Programm bewil­ligten Mittel auch für das Programm zu verwenden. „Dem schließen wir uns gerne an“, stimmte Staats­mi­nister Rainer Robra, Chef der Staats­kanzlei Sachsen-Anhalt, zu: „Nicht nur als Politiker, sondern auch als Beitrags­zahler.“ Produ­zen­ten­al­lianz-Geschäfts­führer Christoph Palmer nannte den Vorschlag einen „goldenen Weg“, den die Produ­zen­ten­al­lianz natürlich unter­stützt. Im Hinblick auf die trotz sinkender Budgets hohe Qualität der Produk­tionen merkte Palmer an: „Wir sind Weltmeister im effizi­enten Produ­zieren“, die Vermarktung werde aber zugunsten dieser Effizienz vernach­lässigt. Die Vermark­tungs­rechte für Auftrags­pro­duk­tionen lägen nach wie vor bei den Sendern. Das wolle die Produ­zen­ten­al­lianz ändern. Mit der Einführung eines Lizenz­mo­dells sollten die Sender nur noch die Rechte bekommen, die sie wirklich brauchen: für eine begrenzte Zahl von Ausstrah­lungen in einer begrenzten Zeit. Danach sollten die Produ­zenten die Zweit­ver­wertung selber bestimmen und die Sender mit 50 % an den Erlösen betei­ligen. Dieses Modell habe sich beispiels­weise in den USA und Frank­reich bewährt und dazu geführt, dass sich in Großbri­tannien eine der kraft­vollsten und kreativsten Produk­ti­ons­märkte weltweit entwi­ckelt habe. „Das leuchtet mir eindrücklich ein“, erklärte Rainer Robra. „Die Verwertung ist nicht das Kernge­schäft der Sende­an­stalten – warum lässt man das nicht die Produ­zenten machen? Das ist doch ein Super-Angebot!“, merkte er im Hinblick auf die Erlös­be­tei­ligung an. „Die Positionen sind zwar meilenweit ausein­ander“, erläu­terte Christoph Palmer den gegen­wär­tigen Stand der Verhand­lungen, aber immerhin gebe es bei ARD und ZDF die Bereit­schaft zu reden: Die Öffentlich-Recht­lichen verhan­delten, aber nicht die Privat­sender – „und das ist ein Unding, das muss ich hier grund­sätzlich sagen“.

Ein weiteres Thema des Panels zum Rundfunk­staats­vertrag war die Trans­parenz bei den Ausgaben der Sender. Erste ARD-Anstalten – darunter der MDR – legen bereits einen jährlichen Produ­zen­ten­be­richt vor, auch das ZDF hat „Programm­profile und Programm­kosten“ veröf­fent­licht. Aller­dings seien die Zahlen nicht vergleichbar, weil die ARD-Anstalten unter­schied­liche Abrech­nungs­systeme nutzen. Dazu kündigte Karola Wille für Ende 2015 einen einheit­lichen ARD-Produ­zen­ten­be­richt an: „Wir werden beweisen, dass die Inhalte für uns entscheidend sind. Aber das Programm wird von Menschen gemacht. Deshalb sind auch Perso­nal­kosten nötig.“

Im Anschluss an den deutschen Produ­zen­tentag hatte die Produ­zen­ten­al­lianz zum Auftakt­empfang zur Berlinale 2015 ins Haus der Commerzbank am Pariser Platz einge­laden. Unter den Gästen waren neben Produ­zenten, Sender­ver­tretern, Tarif­partnern, Politikern und anderen Medien­ent­scheidern auch Schau­spieler wie Hannelore Elsner, Burkhard Klaußner, Heinrich Schaf­meister, Gustav Peter Wöhler oder Filmaka­demie-Präsi­dentin Iris Berben. Grußworte sprachen Markus Beumer, Mitglied des Vorstands der Commerzbank AG, Bundes­tags­prä­sident Prof. Dr. Norbert Lammert und Berlinale-Chef Dieter Kosslick.

Die Produ­zen­ten­al­lianz dankt sehr herzlich den Sponsoren des Deutschen Produ­zen­tentags – Sixt rent a car, getty images und B2Btrip Hotel­netzwerk – und den Sponsoren des Auftakt­emp­fangs zur Berlinale 2015: Commerzbank, Südliche Weinstraße und Mionetto.


Die Allianz Deutscher Produ­zenten – Film & Fernsehen ist die maßgeb­liche Inter­es­sen­ver­tretung der deutschen Produ­zenten von Film-, Fernseh- und anderen audio­vi­su­ellen Werken. Sie vereint ca. 220 Produk­ti­ons­un­ter­nehmen aus den Bereichen Animation, Dokumen­tation, Kinofilm, TV-Enter­tainment, TV-Fiktion und Werbung.

 

Deutscher Produ­zen­tentag 2015: Alexander Thies (Vorsit­zender des Gesamt­vor­stands Allianz Deutscher Produ­zenten – Film & Fernsehen / Foto: Stefanie Seufert / für die druck­fähige Bilddatei bitte aufs Bild klicken)

Deutscher Produ­zen­tentag 2015: Björn Böhning (Staats­se­kretär, Chef der Senats­kanzlei Berlin / Foto: Stefanie Seufert / für die druck­fähige Bilddatei bitte aufs Bild klicken)

Deutscher Produ­zen­tentag 2015: Podium „Der neue Rundfunk­staats­vertrag – Faire Vertrags­be­din­gungen für Produ­zenten“ mit Dr. Christoph Palmer (Vorsit­zender der Geschäfts­führung Allianz Deutscher Produ­zenten – Film & Fernsehen), Dr. Marc Jan Eumann (Staats­se­kretär bei der Minis­terin für Bundes­an­ge­le­gen­heiten, Europa und Medien NRW), Rainer Robra (Staats­mi­nister, Chef der Staats­kanzlei Sachsen-Anhalt), Prof. Dr. Karola Wille (Inten­dantin Mittel­deut­scher Rundfunk), Dr. Lutz Hachmeister (Moderation / Foto: Stefanie Seufert / für die druck­fähige Bilddatei bitte aufs Bild klicken)

Produ­zen­ten­al­lianz-Auftakt­empfang zur Berlinale 2015: Prof. Dr. Norbert Lammert (Präsident des Deutschen Bundestags / Foto: Stefanie Seufert / für die druck­fähige Bilddatei bitte aufs Bild klicken)

Produ­zen­ten­al­lianz-Auftakt­empfang zur Berlinale 2015: Dieter Kosslick (Direktor Inter­na­tionale Filmfest­spiele Berlin / Foto: Stefanie Seufert / für die druck­fähige Bilddatei bitte aufs Bild klicken)

Produ­zen­ten­al­lianz-Auftakt­empfang zur Berlinale 2015: Iris Berben (Präsi­dentin Deutsche Filmaka­demie Berlin), Hannelore Elsner, Prof. Dr. Norbert Lammert (Präsident des Deutschen Bundestags), Dagmar Wöhrl MdB (Foto: Stefanie Seufert / für die druck­fähige Bilddatei bitte aufs Bild klicken)