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Position

Mediatheken nicht zu Lasten der Filmbranche ausweiten

Novel­lierung des Teleme­di­en­auf­trags sollte nicht ohne Auftrags- und Struk­tur­reform des öffentlich-recht­lichen Rundfunks erfolgen

Berlin, 10. August 2017 – Anlässlich der anste­henden Reform des Teleme­di­en­auf­trags der öffentlich-recht­lichen Sende­an­stalten appel­lieren die unter­zeich­nenden Filmver­bände unisono, die Media­theken von ARD und ZDF nicht zu Lasten der Filmbranche auszu­weiten. Am 8. August 2017 hatte die feder­füh­rende Staats­kanzlei Sachsen-Anhalt verschiedene Verbände, darunter AG Dokumen­tarfilm, Regie­verband, Verband der Drehbuch­au­toren, Produ­zen­ten­al­lianz und Spitzen­or­ga­ni­sation der Filmwirt­schaft, zu einem Fachge­spräch einge­laden. Dort wurde deutlich, dass der bisherige Vorschlag der Rundfunk­re­fe­renten der Länder für die Filmbranche keinen akzep­tablen Inter­es­sens­aus­gleich vorsieht. „Es werden bisher ausschließlich und einseitig die Inter­essen der öffentlich-recht­lichen Sender bedient“, so Alfred Holighaus, Präsident der Spitzen­or­ga­ni­sation der Filmwirt­schaft (SPIO). „Die Argumente der Filmbranche müssen endlich berück­sichtigt werden. Die Media­the­ken­re­gelung sollte darüber hinaus im Einklang mit der groß angelegten Auftrags- und Struk­tur­reform der Sender stehen, damit klar ist, welches Programm mit welchen finan­zi­ellen Mitteln überhaupt reali­sierbar ist.“

Hinter­grund des Appells der Filmbranche ist ein Vorschlag der Rundfunk­kom­mission der Länder, den Teleme­di­en­auftrag – darunter unter anderem die gesetzlich vorge­ge­benen Verweil­dauern von audio­vi­su­ellen Inhalten in Media­theken – beträchtlich auszu­weiten. Demnach sollen Online-Angebote der öffentlich-recht­lichen Sender künftig zeitlich weitgehend unbegrenzt und auch auf Platt­formen von Dritt­an­bietern, wie YouTube oder Facebook, zur Verfügung gestellt werden können. Die Filmwirt­schaft befürchtet, dass diese Änderungen den Substi­tu­ti­ons­wett­bewerb zwischen kosten­losen Media­theken und kommer­zi­ellen VoD-Portalen weiter anheizen. Damit würden zukunfts­fähige Online-Märkte wegbrechen und die Finan­zierung und Auswertung von Filmen ernsthaft beschädigt. „Insbe­sondere europäische Lizen­zware, darunter auch der deutsche Kinofilm, würde von den wesent­lichen digitalen Vertriebs­wegen ausge­schlossen“, so Johannes Kling­sporn, Geschäfts­führer des Verbands der Filmver­leiher.

Die Filmschaf­fenden beklagen darüber hinaus, dass für die vorge­se­henen längeren Einstel­lungs­dauern in den Media­theken keine angemessene zusätz­liche Vergütung für Urheber und Rechte­inhaber erfolgen soll. Statt­dessen ist davon auszu­gehen, dass ein neu definierter und erheblich ausge­wei­teter Teleme­di­en­auftrag zu Verän­derung des Sende­ver­haltens der Anstalten führe, lineare Wieder­ho­lungen abnehmen und die Vergü­tungen für Sendungen sinken. „Ohnehin haben die öffentlich-recht­lichen Sende­an­stalten es bis heute nicht geschafft, für ausge­wogene Vertrags­be­din­gungen und eine faire Aufteilung der Verwer­tungs­rechte zu sorgen, wie es eine Proto­kol­lerklärung zum 12. Rundfunk­än­de­rungs­staats­vertrag bereits 2009 forderte“, so Jürgen Kasten, Geschäfts­führer des Bundes­ver­bands Regie. Uwe Petzold, Vorstands­mit­glied des Verbands Deutscher Drehbuch­au­toren stimmt zu: „Die entspre­chenden rundfunk-, aber auch urheber­recht­lichen Vorgaben müssen endlich umgesetzt werden.“

Einig sind sich die Filmver­bände auch, dass man Beitrags­zahler und Zuschauer mehr über die Finan­zie­rungs- und Rechte­struktur von Programm­in­halten aufklären sollte. „Wir sind immer wieder dem Vorwurf ausge­setzt, dass Filme, die in ARD und ZDF gezeigt werden, von den Sende­an­stalten vollständig finan­ziert würden“, so Alexander Thies, Vorsit­zender der Produ­zen­ten­al­lianz. „Bei deutschen und europäi­schen Kinofilmen liegt der finan­zielle Anteil, den die Sender zum Gesamt­budget beisteuern, jedoch durch­schnittlich nur zwischen 10 und 20 Prozent. Auch TV-Auftrags­pro­duk­tionen und Dokumen­tar­filme werden immer häufiger von ARD und ZDF teilfi­nan­ziert. Die Lücke muss der Produzent selbst füllen. Demge­genüber ist eine unbegrenzte Einstellung auf kostenlos zugäng­lichen Media­theken völlig unange­messen.“ Thomas Frickel, Vorsit­zender der AG Dokumen­tarfilm folgert: „Offen­sichtlich will man den medien­po­li­ti­schen Freibrief für den öffentlich-recht­lichen Rundfunk ins ufer- und bodenlose erweitern und die Beitrags­zahler auf Kosten der Produ­zenten mit großzü­gigen Geschenken ruhig stellen.“

Die vollstän­digen Stellung­nahmen der Verbände zur Novel­lierung des Teleme­di­en­auf­trags finden Sie hier: Online-Konsul­tation zum „Teleme­di­en­auftrag des öffentlich-recht­lichen Rundfunks“

Die Arbeits­ge­mein­schaft Dokumen­tarfilm e.V.  ist mit über 800 Mitgliedern Deutsch­lands größter Filmverband. Filmschaf­fende aller Profes­sionen und Sparten wie Regis­seu­rInnen, Produ­zen­tInnen, AutorInnen, Edito­rInnen, Ton- und Kamera­leute sind in der AG DOK organi­siert.

Die Arbeits­ge­mein­schaft Kurzfilm e.V. fungiert seit 2002 als bundes­weite Inter­es­sen­ver­tretung für den deutschen Kurzfilm. Der Bundes­verband Deutscher Kurzfilm will die öffent­liche Wahrnehmung von deutschen Kurzfilmen im In- und Ausland verbessern. Er versteht sich als Ansprech­partner für Politik und Filmwirt­schaft sowie als Service­stelle für alle Kurzfilm­schaf­fenden, Filmfes­tivals und Filmtheater.

Die Allianz Deutscher Produ­zenten – Film & Fernsehen e.V. ist die maßgeb­liche Inter­es­sen­ver­tretung der deutschen Produ­zenten von Film-, Fernseh- und anderen audio­vi­su­ellen Werken. Sie vereint ca. 240 Produk­ti­ons­un­ter­nehmen aus den Bereichen Animation, Dokumen­tation, Kinofilm, TV-Enter­tainment, TV-Fiktion und Werbung.

Der Bundes­verband Regie e.V. (BVR) ist der Berufs­verband der Film- und Fernseh­re­gis­seure. Er wurde 1975 gegründet und hat mehr als 800 Mitglieder. Er ist einer der ältesten und größten Filmur­he­ber­ver­bände. Zu seinen Mitgliedern zählen Volker Schlön­dorff (Ehren­prä­sident), Stephan Wagner (gf. Vorstand), Peter Carpentier (gf. Vorstand), Jobst Oetzmann (Vorstand) sowie Istvan Szabo, Stefan Ruzowitzky, Peter Lilienthal, Marga­rethe von Trotta, Bully Herbig, Til Schweiger u.v.a.

Die Spitzen­or­ga­ni­sation der Filmwirt­schaft e.V. (SPIO) vertritt die Inter­essen der deutschen Film- und Video­wirt­schaft in den Sparten Filmpro­duktion, Filmverleih, Filmtheater und Audio­vi­suelle Medien. Als Dachverband von 19 Berufs­ver­bänden reprä­sen­tiert sie mehr als 1.100 Mitglieds­firmen und eine Vielzahl von Einzel­per­sonen der Filmwirt­schaft. Ziel der SPIO ist es, den deutschen Film in seiner Vielfalt, Qualität und inter­na­tio­nalen Wahrnehmung zu stärken und seine Wettbe­werbs­fä­higkeit als Wirtschafts- und Kulturgut zu sichern.

Der Verband Deutscher Drehbuch­au­toren e.V. (VDD) hat circa 500 Mitglieder und organi­siert damit mindestens die Hälfte der in Deutschland profes­sionell aktiven Drehbuch­au­toren. Die von ihm vertretene Berufs­gruppe legt den Grund­stein für über 100.000 Minuten auf Drehbü­chern basie­rende Fiktion, die jährlich in Deutschland produ­ziert werden.

Der Verband der Filmver­leiher e.V. (VdF) ist die Inter­es­sens­ver­tretung der Filmver­leih­un­ter­nehmen in Deutschland. Er reprä­sen­tiert Arthaus-Verleiher, große deutschen Independent-Verleih­firmen sowie Tochter­un­ter­nehmen der ameri­ka­ni­schen Major-Firmen. Die Mitglieder des VdF stehen für einen Markt­anteil von über 90 Prozent und bringen jährlich 300 bis 400 deutsche, europäische und US-Filme in die Kinos.